Versteigerung vom Kapital verhindert

■ Unter schweren Sicherheitsvorkehrungen sollte gestern die Köpenicker Straße 137 versteigert werden. Eine Handvoll Interessenten kam, doch keiner hob den Arm. Die Bewohner des ehemals besetzten Hauses b

Es blieb ruhig im Amtsgericht Mitte. Kein lautes Klopfen des Versteigerungshammers für das höchste Gebot. Nicht einmal gelassen ruhiges Zwinkern der Interessenten. Zur Zwangsversteigerung des ehemals besetzten Gebäudes Köpenicker Straße 137 waren zwar gestern eine Handvoll Interessenten gekommen, aber keiner der potentiellen Käufer machte Anstalten, ein erstes Gebot zu machen. Bis auf das Funkgeräterauschen der Zivilpolizisten blieb es still im Gerichtssaal. Und auch von den lautstarken Protesten der mit Trillerpfeifen ausgerüsteten „Köpi“-Bewohner vor dem Gerichtsgebäude war drinnen nichts zu hören.

Rund 150 DemonstrantInnen hatten trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt schon seit dem frühen Morgen versucht, die „Versteigerung zu verhindern“. Das wiederum verhinderte die Polizei. Mehrere hundert Meter Straßensperren waren rechtzeitig rund um das Portal des Amtsgerichts in der Littenstraße in Mitte aufgestellt worden. Jeder und jede wurde nach Waffen und Wurfgeschossen durchsucht, danach durften die DemonstrantInnen bis zur Absperrung weiterziehen.

5,4 Millionen Mark beträgt nach Darstellung des Gerichts der Verkehrswert des Gebäudekomplexes, von denen im Versteigerungsverfahren mindestens 50 Prozent erbracht werden müssen, damit das Gericht den Vorgang abschließen kann. Die Commerzbank als Gläubigerin des bisherigen Eigentümers hätte zudem die Möglichkeit gehabt, bei einem Ertrag von weniger als 70 Prozent der 5,4 Millionen Mark eine neue Versteigerung zu verlangen. Da aber nicht einmal ein einziges Prozent dieser Summe geboten wurde, war die Bietstunde schon nach einer halben Stunde zu Ende.

Nur der Bauingenieur Manfred Schulz sorgte für etwas Leben auf dem Gerichtsflur. Er arbeit bei der Hausverwaltungsfirma des hochverschuldeten Eigentümers der „Köpi“, Volkhart Petersen, und eröffnet im März ein eigenes Unternehmen. Ein Projekt dieser Firma soll der Umbau der „Köpi“ in ein Botschafts- und Kulturzentrum sein. Gespräche mit interessierten Ländern hätte es bereits gegeben. Schulz verteilte Pläne eines glattmodernisierten Gebäudekomplexes, der nichts mehr mit dem morbiden Charme des heutigen Hauses zu tun hat. So blieben Schulzens Pläne für den Verbleib der heutigen Mieter vage. So konkret sei das alles noch nicht. Aber, so Schulz, „das Ambiente für ein solches Botschafts- und Kulturzentrum müsse natürlich stimmen“.

Konkreter war da schon ein Gutachten, das für potentielle Investoren angefertigt worden war. Darin waren die Köpi-Bewohner als Besetzer bezeichnet und die Kosten für eine eventuelle Räumung auf 100.000 Mark taxiert worden. Dabei wurde das Haus bereits ein Jahr nach der Besetzung 1990 legalisiert, die Bewohner haben Mietverträge, wie auch die Bauverwaltung bestätigt hatte. Schon am Sonnabend hatten rund 2.000 Menschen für einen Verbleib der BewohnerInnen in ihrem Haus demonstriert.

Wie es nun weitergehen soll, war gestern unklar. „In Ruhe entscheiden, was wir nun machen“, möchte nach den Worten eines Sprechers die Commerzbank.

Auch die im Schneegriesel wartenden Köpi-Bewohner waren schlecht vorbereitet. „Wir haben den Sekt vergessen“, ärgerte sich eine Sprecherin der „Köpi“. Die eigentliche Feier ist aber sowieso erst für den kommenden Samstag geplant, wenn der neunte Jahrestag der Besetzung begangen wird.

Trotz der Freude über die geplatzte Versteigerung bleiben die Bewohner aber zurückhaltend. Sie vermuten hinter dem Ausbleiben eines Gebots nur Taktik der potentiellen Käufer. Diese wollten damit „nur den Preis drücken. Letztendlich ist das nur ein kleiner Aufschub für uns“, so die Sprecherin. Axel Schröder