Quadrierter Wahnsinn im Morddezernat

■ Theater mal Fastnacht ist zuviel. Der Theaterhof Priessenthal in den Kammerspielen

Helau! Die Kommissarin trägt Pappnase und Schlaghose. Kommt viel zu spät ins Büro und schneidet ihrem Vorgesetzten erstmal die Krawatte ab. Legt die Füße auf den Schreibtisch und tut rein gar nichts, außer dumm zu quatschen.

Sieht so das richtige Leben aus? Natürlich nicht. Ist ja alles Theater. Theater und noch eins drauf: Karneval. Weiberfastnacht im Morddezernat. Da geht alles drunter und drüber. Obwohl der Mord an einem Theaterregisseur aufzuklären ist. Den Kommissar (Martin Lüttge) kennt man irgendwie aus dem Fernsehen. Und tatsächlich: Martin Lüttge hat beim Tatort schon für seriöse Verbrechensaufklärung gesorgt. Hier gerät er in eine Kriminalkomödie – und gesteht als Kommissar Flemming sogar einen Mord. Doch damit steht er nicht alleine da. Seine exaltierte Kollegin Merith Bach (Anja Franke), der abgedrehte Schauspieler Bossart (Jan-Geerd Buss) und eine junge Frau namens Jessica (Juliane Eyermann) behaupten ebenfalls, den Regisseur erschossen zu haben.

Ein bißchen zu viele Täter bei nur einem Toten. Und ein bißchen zuviel Theater in nur einem Stück. Der langatmige Titel der Produktion vom Theaterhof Priessenthal spricht Bände: Der Kommissar, der Komödiant, der Tod und die Liebe heißt das Stück von Holger Franke, das unter der Regie des Autors jetzt als Gastspiel in den Kammerspielen zu sehen ist. Alles mögliche steckt da drin, und nichts wird richtig erzählt: ein Krimi und eine Komödie und eine Tragödie und eine Liebesgeschichte. Damit nicht genug, sprudeln noch Kindheitstraumata aus den geschundenen Seelen hervor: Jeder hat mindestens einen erschossenen oder einen verhafteten oder einen verlorenen Vater zu bieten.

Was hinter diesem ganzen Kuddelmuddel steht, ist weniger ein durchdachter Plot als die pure Lust am Theaterspielen. Diese Lust hält den Theaterhof Priessenthal jetzt schon seit 20 Jahren zusammen. Der Zuschauer spürt das zwar, richtig erfreuen aber tut es ihn nicht. Weil die Geschichte mit dem Shakespeare zitierenden Kommissar im Theatersaft schmort und mit all den kleinen clownesken Abschweifungen keinen Drive entwickelt. Über der Bühne scheint ein liebliches Vöglein zu schweben, im Schnabel ein Zettel mit dem Spruch „Theater ist schön“.

Erst zum Schluß kommen wirklich ein paar schöne Momente. Dann wird nicht mehr plakativ überzeichnet, sondern der Kick ins Absurde gelingt. Die Rollen kehren sich um, und der Komödiant führt als maskierter Kommissar das Verhör. Richtig normal wirkt er da.

Karin Liebe

noch bis 27. Februar (außer 22.2.), 20 Uhr, und 28. Februar, 15 Uhr, Kammerspiele