Blinde Passagiere nicht länger rechtlos

Ausstellung und Vorträge über das Schicksal von „stowaways“ in Hamburg  ■ Von Elke Spanner

Blinde Passagiere reisen nicht nur versteckt auf einem Schiff. Auch nach ihrer Ankunft in Hamburg bleiben sie meist unsichtbar. Ohne das Schiff oder den Hafen je zu verlassen, werden sie von der Wasserschutzpolizei umgehend ins Herkunftsland zurückgeschickt. Doch „blind darf nicht länger ein Synonym für rechtlos sein“, mahnt die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marie-Luise Beck. Mit einer Ausstellung und einer Veranstaltungsreihe über sogenannte „stowaways“, die heute in Hamburg eröffnet wird, stellt die „AG Blinde Passagiere“ ein Modell für „einen menschlicheren Umgang“ mit den Flüchtlingen vor.

Im Oktober tagte eine bundesweite Konferenz zum Thema in Hamburg. Dazu waren VertreterInnen von Flüchtlingsräten und Seemannsmissionen aus anderen deutschen Hafenstädten, etwa Bremen und Rostock, in die Hansestadt gekommen. Sie entwickelten das Konzept, das die Forderung der Bundesausländerbeauftragten umsetzt, blinden Passagieren Zugang zu einem ausländerrechtlichen Verfahren, zu Beratung und AnwältInnen zu ermöglichen. Zentraler Punkt dabei, so erläutert Reimer Dohrn von der „AG Blinde Passagiere“, ist die Einrichtung einer unabhängigen Beratungsstelle. Die soll die „stowaways“ zunächst über ihre rechtlichen Möglichkeiten informieren und gegebenenfalls an AnwältInnen oder ÄrztInnen weiterverweisen.

Gerade auch für die medizinische Versorgung sei eine Instanz wichtig, die sich mit den Besonderheiten der heimlichen Schiffsüberfahrt auskennt, sagt Dohrn. Viele „stowaways“ seien etwa durch Ladungschemikalien vergiftet – was herkömmliche MedizinerInnen in den seltensten Fällen diagnostizieren könnten.

Um den Zugang zur Beratung zu gewähren, sollten die deutschen Behörden die Einreise beispielsweise dem Ausländerbeauftragten oder der Rechtsanwaltskammer melden. Die sollten auch Kontakt zur Internationalen Transportarbeiter Gewerkschaft (ITF) halten, um gegebenenfalls bei Sanktionen gegen Seeleute, auf deren Schiffen „stowaways“ gereist sind, intervenieren zu können.

Neben der Darlegung dieses Konzeptes werden in den Ausstellungsräumen in der Deichstraße in der kommenden Woche Dia-Installationen, Fotos, Filme und amtliche Dokumente zum Thema stowaways zu sehen sein. Außerdem gibt es ein „afrikanisches Fotostudio“: Ein selbstgemaltes Bild der Landungsbrücken, vor dem man sich fotografieren lassen kann – von Prince Jackson, einem Liberianer, der im vorigen Jahr als „Blinder Passagier“ nach Hamburg kam.

Ausstellung, Deichstrasse 47, täglich von 14 bis 19 Uhr, Veranstaltungsprogramm unter Tel. 0171/2113411