Heide hilft Kurt bei der Rechtschreibung

■ Kurt Beck aus Mainz ist der Medienkoordinator der Ministerpräsidenten. Ausgerechnet sein 15-Punkte-Papier für ein bevorstehendes Gipfeltreffen der Länderchefs hat Schleswig-Holsteins Regierungschef

Kurt Beck hat es schwer. Der Ministerpräsident von Rheinland- Pfalz ist dafür zuständig, die Medienpolitik der Bundesländer zu koordinieren. Denn die Gesetzgebung für Funk und Fernsehen fällt in Deutschland in die Länderkompetenz. Bei dieser Aufgabe dürfte es Beck, früher Funkelektroniker bei der Bundeswehr, oft vorkommen, als ob Deutschlandfunk, Viva, Arte und Lausitz TV gleichzeitig auf einer Frequenz plärren.

So war es auch in den Monaten vor dem „Mediensondergipfel“, auf dem die Ministerpräsidenten nächste Woche in Bonn über einen neuen Rundfunkstaatsvertrag verhandeln, der einstimmig verabschiedet werden muß. Im Vorfeld kneteten die Beteiligten wie schon in früheren Jahren an einer Verhandlungsmasse: Liberalisierungen fürs Kommerzfernsehen gegen öffentlich-rechtliche Interessen. Soll es einen ARD-Finanzausgleich zwischen großen und kleinen Sendern geben? Sollen die Werberichtlinien für die Privaten gelockert werden? Soll Werbung bei ARD und ZDF abgeschafft werden? Wie viele digitale Fernsehprogramme sollen ARD und ZDF künftig veranstalten?

Um die Privatsender sorgen sich vor allem Länder, in denen die Medienkonzerne kräftig investieren: Bayern, das Kirch beherbergt, Nordrhein-Westfalen mit dem Bertelsmann-Konzern und ein bißchen Hamburg, wo Premiere (Bertelsmann/Kirch) sitzt. Dem Saarland, Bremen und Berlin sind hingegen ihre ARD-Winzlinge Saarländischer Rundfunk, Radio Bremen und Sender Freies Berlin wichtig: Sie sollen weiter Geld aus dem ARD-Finanzausgleich bekommen, den wiederum Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg abschaffen möchten.

Wie gesagt: Einfach ist es da nicht für Kurt Beck. Dennoch wollte er sich nicht lumpen lassen und formulierte ein Papier mit 15 Vorschlägen. Ende Januar schickte er es an alle Staatskanzleien. „Vielleicht“, formulierte der Regierungschef zaghaft, „könnten diese Überlegungen eine erste Basis sein, um gemeinsame Lösungsmöglichkeiten auszuloten.“ In einem „ersten Schritt“ solle der ARD-Finanzausgleich von derzeit 186 Millionen pro Jahr um etwa ein Drittel gekürzt werden. Die TV- Werberegeln, die Dauer und Zahl der Reklamespots begrenzen, sollen fürs Privatfernsehen weitgehend liberalisiert werden, ARD und ZDF sollen weiter Werbung ausstrahlen dürfen. Auch müsse über ein „Moratorium“ bis zum Jahr 2005 nachgedacht werden, bis zu dem ARD und ZDF die Zahl ihrer Kanäle nicht erhöhen dürfen. Den Sendern neue Programme zu verbieten – diese Idee hat noch kein sozialdemokratischer Regierungschef so ungeniert ausgesprochen. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht ARD und ZDF eine „Entwicklungsgarantie“ zugesichert, damit sie nicht in einem riesigen Kommerzfernsehangebot untergehen.

Heide Simonis, sozialdemokratische Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, antwortete frech: Statt ein eigenes Papier zu formulieren, schickte sie die 15 Vorschläge ihres Parteifreundes redigiert an ihn und die anderen Länderchefs zurück. Das so veränderte Papier der Kieler Regierung trägt nun in wesentlichen Punkten nicht mehr die Handschrift Becks – im Gegenteil: „Zur klaren Abgrenzung der Systeme“ und zur „Profilstärkung“ solle auf Werbung im Fernsehprogramm von ARD und ZDF verzichtet werden, heißt es. Die wegfallenden Werbeeinnahmen müßten durch höhere Rundfunkgebühren ausgeglichen werden. Keinesfalls dürfe ein Werbeverbot dazu führen, daß ARD und ZDF keinen Zugang mehr zu „Sportereignissen von überragender gesellschaftlicher Bedeutung“ hätten.

Statt eine Begrenzung der Angebote von ARD und ZDF per Gesetz zu verlangen, verweist Simonis auf das Bundesverfassungsgericht. „Künftige Staatsverträge sollen nur soviel rechtliche Rahmenbedingungen setzen, wie die verfassungsrechtliche Ausgestaltungspflicht es von den Ländern verlangt“, bremst sie Beck in einem „Nachwort“. Die Bestands- und Entwicklungsgarantie von ARD und ZDF sei abzusichern. Für Vorschlag Nummer neun des Mainzer Regierungschefs, bis zu einem „Moratorium“ ARD und ZDF neue Programme zu verbieten, hat Simonis nur ein Wort übrig: „Entfällt“. Georg Löwisch