Der Countdown bei den Kosovo-Verhandlungen läuft

■ Bleibt eine Einigung aus, ist die Nato zu Angriffen entschlossen. Trotz Protesten aus Rußland

Sarajevo (taz) – Wenn bis Samstag mittag um 12 Uhr keine Entscheidung bei den Kosovo-Verhandlungen in Rambouillet gefallen ist, wird die Nato die Bombardierung Serbiens vorbereiten. Davon gehen Diplomten aus den Hauptstädten der Nato-Staaten aus. „Die Drohung steht, wenn der Präsident Jugoslawiens, Milošević, nicht unterschreiben läßt. Dann wird es ernst“, erklärte ein hoher deutscher Diplomat in Bonn.

Noch jedoch wird verhandelt. Gestern bekamen beide Delegationen die Vorschläge zu dem militärischen Teil der Implementierung vorgelegt. „Der militärische Teil ist der Knackpunkt“, erklärte der österreichische Außenpolitiker Albert Rohan. Es geht dabei auch um die Friedenstruppe und ihre Zusammensetzung. Serbien besteht weiter auf einem „weichen Mandat“. In serbischen Zeitungen wurde der Vorschlag gestreut, internationale Truppen zuzulassen, „feindliche Truppen“ wie jene der USA abzulehnen.

Darauf wird sich die Nato jedoch nicht einlassen. Nicht einmal der Protest des russischen Präsidenten scheint Washington zu beeindrucken. Rußland wird nach den Worten Jelzins keine Angriffe auf den Kosovo zulassen. Dengegenüber erklärte Außenminister Igor Ivanow, daß Rußland eine Entsendung von Bodentruppen ins Kosovo erwäge, sollte Belgrad zustimmen. Wie ernst Jelzins Drohung gemeint ist, ist unklar. Sicher ist, daß eine Delegation der Europäischen Union unter Kanzler Gerhard Schröder und dem Präsidenten der EU-Kommission, Jacques Santer, im Kreml gestern versucht hat, Jelzin umzustimmen. Gesprächsthemen waren außer der Lage im Kosovo zudem die Schuldensituation Rußlands und die Möglichkeit einer Umschuldung. Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) wollte nach Moskau zu den heutigen deutsch- russischen Gesprächen nachreisen. Es wäre verwunderlich, wenn dabei kein Zusammenhang zwischen Kosovo und der Umschuldung hergestellt würde. Die USA seien entschlossen, auch gegen den Willen Rußlands zu entscheiden, hieß es aus dem US-amerikanischen Beraterstab in Rambouillet. Zwar sehe man noch die Möglichkeit, daß Milošević unterzeichnen würde. Wenn nicht, wäre der Angriff unausweichlich. Sorgen macht den Militärplanern der Abzug der OSZE-Beobachter aus dem Kosovo – einer Voraussetzung für Luftangriffe. Die Planer fürchten, serbische Sicherheitskräfte könnten die Lage nutzen, gegen die albanische Zivilbevölkerung vorzugehen. Erich Rathfelder