■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Niederbremer und kein Ende
Erinnern Sie sich noch an Herrn Niederbremer? Das war doch der CDU-Staatsrat, der Schwarzarbeiter an seinem Mietshaus beschäftigte. Nachdem Wirtschaftssenator Josef Hattig ein Machtwort gesprochen hatte, mußte er gehen. Eigentlich dachten alle, der geschaßte Staatsrat würde jetzt Weihnachtsbaumverkäufer werden. Im Zuge des Skandals war doch herausgekommen, daß Niederbremer hinter seinem Mietshaus in Peine Tannenbäume züchtet, die er zu Weihnachten verkauft. Außerdem ist Niederbremer frisch verheiratet. Zu seinem 50sten Geburtstag hat er eine ganz junge Frau geheiratet, die aus Rumänien kommt. Eigentlich dachten alle, er würde sich jetzt auf sein junges Eheleben konzentrieren und Rumänisch lernen.
Doch Niederbremer denkt gar nicht daran, von der politischen Bühne abzutreten. Anstatt sein Ruhegehalt von monatlich über 10.000 Mark zu genießen, blieb er im Ausschuß der Regionen des Europäischen Parlaments sitzen. Daß er mit Ex-Bürgermeister Klaus Wedemeier längst einen würdigen Nachfolger gefunden hatte, störte ihn nicht. „Der Wechsel ist eingeleitet“, versuchte Hattigs Pressesprecher die Journalisten zu beruhigen, die fragten, wann Niederbremer zu gehen gedenke. Aber Niederbremer denkt nicht daran zu gehen. Die März-Sitzung des Ausschusses will er auf jeden Fall noch mitmachen, ließ er ausrichten. Außerdem ist er ja Vorsitzender der Geschäftsordnungsgruppe. Und diesen Job, den er ja praktisch als Person unabhängig vom Amt inne hat, will er nur hergeben, wenn er dem Ausschuß künftig als externer Berater dienen darf. Die Fahrtkosten würden ihm dann erstattet (Niederbremer fliegt sehr gerne). Das Tagegeld von 400 Mark wäre futsch. Doch es waren nicht die Kosten, die die EU-Parlamentarier aufschreckten, als die von der Forderung Niederbremers hörten. Externe Berater müssen gewisse Qualifikationen mitbringen. Besonders geeignet sind zum Beispiel Juristen oder Leute, die sich im Europäischen Parlament besonders mit Geschäftsordnungen befaßt haben. Niederbremer aber war technischer Angesteller bei Siemens. Ein ehrenwerter Job, doch ein Jurist wäre den EU-Parlamentariern lieber. Aber wie gesagt, niemand kann Niederbremer zwingen, sein Amt abzugeben. Also wird dem Ausschuß nichts anderes übrig bleiben, als den „Experten“ auch in Zukunft einzufliegen. Komisch, dabei könnte Niederbremers Leben doch so schön sein, findet jedenfalls
Ihre Rosi Roland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen