Schwitzend unterm Mineralfaserdach

■ Förderprogramme für Wärmedämmung zwischen Hamburg, Bremen und Bonn unterscheiden sich grundlegend. Bremens Vorteil: Man darf selbst Hand an die Wärmedämmung unter den Dachziegeln anlegen

Sagen wir, wie es ist: In Bremen wohnt man einfach umweltbewußter als in Hamburg. Wärmedämmung ist das Kriterium – nach dem Strom immerhin das zweitgrößte Energie-Einsparpotential in den deutschen Haushalten – und die Zahlen im kleinfamiliären Altbaubestand sprechen da eine klare Sprache. 1.600 Häuslebesitzer setzten in Bremen zwischen 1993 und 1995 beim Sanieren aufs Energiesparen – seit einem halben Jahr gibt's nun ein neues Förderprogramm: Und schon geht's wieder los – schon haben sich wieder 300 Bremer an die Arbeit gemacht, haben Anträge formuliert, Rechnungen eingeholt und sich schwitzend unter die angelieferte Glaswolle gelegt.

Und Hamburg? Klar, auch hier gibt es ein Förderprogramm. Und Anträge gibt es auch: Gerade mal 450 in bald drei Jahren. Vielleicht ist das eine Mentalitätsgeschichte: Der Hamburger ist nun mal kein Häuslebauer. Man wohnt anders. Großbürgerlicher, großstädtischer, großräumiger. Das schnucklig-spießige Bremer Reihenhaus in heimeligem Privatbesitz und in einem Kilometer Entfernung zum Stadt-Zentrum kommt hier in Hamburg einfach nicht vor.

Wahrscheinlicher als die Mentalitätsgeschichte aber sind handfeste materielle Gründe: Ein Bremer Förderprogramm nämlich baut – vor allem dem Heimwerker – ein paar goldene Brücken ins Niedrigenergie-Zeitalter. Beim Bremer Verein Ubus (Umweltgerecht bauen und sanieren), der die Geschichte verwaltet, will man das nicht unbedingt an die große Glocke hängen (Rechnungshof weggehört!): Aber wer sich für sein Bremer Reihenhaus die Dachdämmung selbst besorgt und die Mineralfasern dann gemeinsam mit der NachbarIn zwischen die Sparren stopft, der kriegt bei einigem handwerklichen Geschick seinen Wärmegewinn mehr oder weniger zum Nulltarif. Bei dreißig Mark pro Quadratmeter liegt hier die Förderung – das Dämm-Material (von Mineralfaser bis zur Zellulose) plus Unterfolie und Sparrenverlängerung ist zu dem Preis locker aufzutreiben.

Wenn man sich die Mineralfasern vom Handwerker einbauen läßt, kommt man immerhin auf 70 Mark pro Quadratmeter, rechnet Kerstin Rosemeier Pi mal Daumen vor und betont: „Mit hundertprozentiger Förderung hat das nichts zu tun. Die Eigenleistung liegt somit bei weit über fünfzig Prozent.“

In Hamburg liegen die Zuschüsse für die Dachdämmung bei 1.000 bis 4.000 Mark (obendrauf gibt's dann den Wärmepaß als Serviceleistung und Dokument – bis zum 30. Juni noch kostenlos: Da steht drin, wo's hapert mit der Sanierung).

Summa summarum bekommt damit auch der geübte Heimdämmer nur rund 20 Prozent seiner Kosten über die Förderung wieder rein. Denn wer sich an der Elbe aufs wärmegedämmte Energiesparen kapriziert, muß für jede Leistung eine ordentliche Handwerkerrechnung vorlegen, wenn er an die Fördergelder ran will – Ansprechpartner ist die Hamburger Handwerkskammer, die paßt auf, daß hier nichts am Fachbetrieb vorbeiläuft. Immerhin, betont Helge Kröger aus der Abteilung „Zentrum für Energie, Wasser und Umwelttechnik“ (ZEWU), immerhin bedeute das Förderprogramm 200 zusätzliche Arbeitsplätze im Handwerk – „zumindest wenn das Geld auch abgerufen wird“, fügt er etwas kleinlaut hinzu.

Mit den 450 eingelaufenen Anträgen ist es bis dahin noch ein weiter Weg. „Man muß sowas einfach backen lassen Hamburg“ macht sich Kröger Mut und warnt schon mal vor Schimmelpilz und irreparablen Sachschäden bei unsachgemäßer Dämmung. Kerstin Rosemeier vom Bremer Ubus sieht da kaum Probleme: „Wir kontrollieren das stichprobenartig und haben – leider! – feststellen müssen, daß es bei der Verarbeitung keinen krassen Unterschied gibt zwischen den Fachleuten und den Heimwerkern.“

Fachmännische Beratung gibt es sowieso – in Hamburg wie in Bremen: Mit Ubus- oder ZEWU-Besuchen vor Ort und einer umfassenden Hausbegehung, um zu erkunden, an welcher Stelle im Eigenheim Dämmung die meisten Wärme-Effekte zeigt. Vom Keller über die Fußböden und die Außenfassade bis unters Dach: Die Möglichkeiten sind hier so variabel wie die Höhe der Fördersumme und die Wahl des Materials.

Profis spritzen schon mal Lava in die Zwischenräume der Hauswände, Ökos stehen auf Kork – aber „das Material ist nicht so wichtig“, findet Kerstin Rosemeier: „Wichtig ist der Gesamtzustand des Hauses.“ Und selbst der Tip: „Schaffen Sie sich eine neue Heizung an“, könne am Ende einer solchen Beratung stehen.

Das aber wäre dann doch eher der Ausnahmefall. Denn: „Wärmedämmung“, sagt die Ubus-Frau, „das ist das, wo man pro investierter Mark am meisten CO2 einsparen kann“ – Solartechnik, Hei-zungssanierung, Photovoltaik zeigt alles weniger Effekt. Und trotzdem wird auch Wärmedämmung eine Sache von ökologischem goodwill bleiben. Unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten nämlich rechnet sich der Aufwand trotz alledem nicht.

Ein normales zweistöckiges Reihenhaus vom Normalstandard auf Niedrigenergie-Standard zu bringen, kostet rund 60.000 Mark. Durch Heizkostenersparnisse läßt sich das nicht wieder rausholen, rechnet man im Bundesbauministerium. Deswegen wird es auch unter Franz Müntefering (SPD) kein neues Energieeinspargesetz geben, in dem die Wärmedämmung als Pflichtprogramm fürs Eigenheim drinsteht. Und auch über Bundesförderprogramme denkt man hier nicht weiter nach. Einziges Angebot aus Bonn: Zinsvergünstigte Kredite bei gut einem Prozent. Die stammen aber noch aus den guten alten Kohlzeiten und aus der Feder des damaligen Bundesbauministers Töpfer.

ritz

Beratung zur Wärmedämmung gibt es in Hamburg beim ZEWU in der Handwerkskammer: Tel.: 040/77110337; in Bremen bei Ubus, Tel.: 0421/4986144