Im Ballett der Grausamkeiten

■ Pädagogisch wertvoll, theatral verschwurbelt: Mit seinem neuen Stück „To beat, beat, beaten“ bringt das MOKS-Ensemble jugendliche Gewalterfahrungen auf die Bühne

Manchmal ist jeder Papa ungerecht. Und Mama ist es manchmal auch. Elke, Olli und die anderen Kinder und Jugendlichen wissen dann gar nicht, warum Papi schimpft und sagt: „Solch eine Mami hast Du gar nicht verdient!“ Ach, Kind sein kann ein richtiges Trauerspiel sein. So zeigt es jedenfalls das MOKS-Theater in seiner neuen Produktion.

„To beat, beat, beaten“ heißt das in der Kinder- und Jugendtheaterabteilung des Bremer Theaters entwickelte und am Samstag abend uraufgeführte Stück vom Leben in der rohen Welt. „Schlagen, schlug ...“, ja irgendwann hat auch dem fröhlichsten und nettesten Kind die Stunde geschlagen, in der Herr Sohn oder Frau Tochter geradezu verzweifeln könnten an diesem so willkürlich unglückseligen Dasein. So wie Lukas zum Beispiel.

Wenn sein Vater von seiner Arbeit in einer Bank nach Hause kommt, liegt Lukas meistens schon im Bett. Und nicht mal an „Mamis Tag“ darf er länger aufbleiben. Schlafen kann er trotzdem nicht. Denn irgendwann kommt sein Vater ins Zimmer, schimpft und gibt Lukas eine Ohrfeige. Lukas guckt seine Eltern dann fragend an und erhält doch keine Antwort. Erst eines Tages findet er heraus: Sein Vater trinkt heimlich und wirkt auch sonst vom Leben ziemlich überfordert.

Diese und weitere jugendlichen Gewalt- und Willkürerfahrungen hat das Ensemble des MOKS-Theaters erarbeitet und in Episodenform szenisch umgesetzt. Auf das Thema „Gewalt in der Schule“ hat es verzichtet. Schwerpunkt sind Gewalterfahrungen in der Familie und in Cliquen. Als Urheber von Willkür und Gewalt treten auf: Trinkende Väter, Workaholic-Mütter sowie launische oder tyrannische AltersgenossInnen. Die damit konfrontierten Kinder und Jugendlichen versuchen zu handeln, doch echte (Auf-) Lösungen finden sie nicht.

Der Regisseur Uli Jäckle hat die Episoden zusammen mit dem vierköpfigen Ensemble fast wie ein Ballett der Grausamkeiten choreographiert. Im fast leergeräumten, nur an den Wänden mit einem eingetüteten zerbrochenen Stuhl und weiteren Spuren von Gewalt dekorierten Theaterraum tänzeln die AkteurInnen (Prisca Meier, Christine Ochsenhofer, Cornelius Nieden und Klaus Schumacher) herum, bis ein Lichtspot das Saallicht ersetzt und einer der vier als Erzähler zum Spiel einer Geschichte überleitet.

Mit Sätzen wie „Du bist doch schon meine Große“ und szenisch umgesetzten Einfällen wie der Erkenntnis, daß ein neuer großer Bär den heiß geliebten und verschlissenen Teddy nicht ersetzen kann, bringt das Ensemble Wiedererkennbares aus dem echten Leben auf den Punkt. Doch zu viele Episoden wirken so, als seien sie im Probenprozeß nicht zu Ende gedacht worden. Statt das Geschehen von verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten, sollen verschwurbelte und verrätselte Handlungsverläufe die inhaltliche Dürftigkeit mancher Geschichte übertünchen. So werden die vielen „Warum hat der das gemacht?“-Fragen in den anschließenden Diskussionen zum eigentlichen Schwerpunkt dieses Theaterstücks. Als ein pädagogisches Konzept mag es aufgehen, alles möglichst offen zu halten. Doch als Bühnenkonzept verschenkt das Ensemble mit „To beat, beat, beaten“ viel zu viele theatrale Möglichkeiten. Christoph Köster

Aufführungen: 22., 23., 25., 26.2. sowie 2. bis 5.3. um 10.30 Uhr, 27.2. sowie 6. und 12.3. um 19.30 Uhr Altersempfehlung: ab zwölf