■ Schnittplatz
: Scheißegal

Die Frage, was widerlicher ist: ein Film, Helmut Dietls „Late Show“ (Start am 25.2.), der vorgaukelt, das Fernsehen zu kritisieren, oder dessen Hauptdarstellerduo, Thomas Gottschalk und Harald Schmidt, das via Kino sein Werkeln „problematisiert“, oder der Stern, dessen aktuelle Titelgeschichte sich zufällig Gottschalks und Schmidts annimmt, um die Reflexionsschraube noch mal weiterzudrehen – was schmieriger ist und korrupter, kann niemand mehr sagen. Eine Hand wäscht fröhlich die andere, und zwar nicht „hinter den Kulissen des Fernsehens“ (Stern), sondern auf voller Matt- und öffentlicher Breitseite. Eine halbe Stunde lang schwadronierte Gottschalk bei „Wetten, daß...?“ mit Dietl, der gabelstaplerfahrenden Kartoffelmaid Veronica Ferres und Schmidt über den sagenhaften Streich. Da waren viere, die sich in ihrer spezlhaften Auserwähltheit suhlten, daß einem schwarz vor Augen wurde. Ich kann mich nicht erinnern, wann das TV jemals der Selbstanpreisung und Schleimscheißerei derart schamlos diente: Gottschalk, der Ferres-Besteiger und Bewunderer des Meisters Dietl, Dietl, der eifersüchtige Gatte, Schmidt, der hehre Scherzkeks. Lob, Lob. Lob. Dreimal „Fernsehen ist scheiße“ hätte Gottschalk sagen müssen, das sei ihm an die Nerven gegangen und gibt freilich, wie sämtliche Anekdoten der Ledersofalaberschluris, wortwörtlich bereits das große Stern- Gespräch preis, Überschrift: „Die Wahrheit über das Fernsehen“. Hoho. Wasserdichte Rundum-PR: Die Dreistigkeit hat einen letzten Gipfel erklommen. Gottschalks/Schmidts „bitterböse Abrechnung“ (Stern) führt endlich sichtbar in die Debilität des geschlossenen Systems: Wer klagt, das Fernsehen „macht krank, blind und blöd“ (Gottschalk), mit Ausnahme freilich jenes Formats, das man selbst verantwortet, toppt die Infamie aller Bärbel Schäfers dieser Welt. „Ich habe mit ,Wetten, daß...?‘ meinen Topf gefunden“, erklärte Gottschalk dem Stern. „Darauf sitze ich jetzt, und auf ihm werde ich in den Orkus fahren.“ Exakt. Es ist Scheiße drin, Scheiße drauf, und es ist scheißegal. Jürgen Roth