Amtshilfe beim Kühlschrankkauf

Hamburg spart 23 Millionen Mark Sozialhilfe durch Arbeitsvermittlung und Hausbesuche. 6000 Menschen fanden neue Jobs  ■ Von Judith Weber

Ob der neue Kühlschrank wirklich notwendig ist, wollte die Frau vom Sozialamt genau wissen. Am kommenden Dienstag, meldete sie an, würde sie vorbeischauen, um sich ein Bild von den Gegebenheiten in der Küche der Sozialwohnung zu machen. Ergebnis der Ortsbegehung: Eine Reparatur des alten Kühlschranks täte es auch.

Daß die billiger ist als die Anschaffung eines neuen Gerätes, versteht sich von selbst. Beeindruckende Summen kann die Stadt sparen, indem sie SozialhilfeempfängerInnen individueller betreut und Leistungen nicht mehr rein nach Tabellen und Anspruchslisten gewährt, haben Hamburgs Sozial- und die Bezirksbehörde in zwei Modellversuchen herausgefunden.

Der erste, „Herkules“ genannt, sollte MitarbeiterInnen der Ämter dazu anhalten, anders umzugehen mit den sogenannten „einmaligen Hilfen“ wie Schuhe, Kleidung oder Hausrat. Jede Dienststelle bekam ein Budget, mit dem sie auskommen mußte; per Computer wurden die Ergebnisse mit denen aus den benachbarten Ortsämtern verglichen. Schnell hatten die beteiligten Stellen 20 Prozent ihres Topfes gespart.

Ein zweites Projekt namens „MoVES“ hatte das Ziel, arbeitslosen HilfeempfängerInnen wieder einen Job zu vermitteln: Jeder Sachbearbeiter zog die vier „vielversprechendsten Fälle“ aus seiner Kartei und bemühte sich, Arbeit für sie zu finden.

Durch beide Versuche hat Hamburg in den vergangenen zweieinhalb Jahren rund 23 Millionen Mark gespart, und 6000 Erwerbslose fanden eine Stelle. „Damit ist das Ziel in hervorragender Weise erreicht“, zeigte sich Bezirkssenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) gestern zufrieden. Ursprünglich hatten sich die Behörden vorgenommen, 4500 Hilfeempfänger in Lohn zu bringen.

Doch dann sind es mehr geworden – mehr Männer hauptsächlich, mehr Mittdreißiger und mehr Alleinstehende. Sie sind besonders leicht unterzubringen auf dem ersten Arbeitsmarkt, erklärte Susanne Stein, die das Projekt „MoVES“ geleitet hat. „Der Prototyp des aus der Sozialhilfe Gelösten ist 34 Jahre alt, männlich und Single.“ Für Frauen wurden oft Teilzeitjobs gefunden – wie für die alleinerziehende Ex-Sozialhilfeempfängerin, die jetzt vormittags Gemüse verkauft und wieder zu Hause ist, wenn ihr Kind aus der Schule kommt.

Die Frau hat freiwillig mitgemacht beim Modellversuch, wie die meisten anderen HilfeempfängerInnen. Nur 48 von 3000 Menschen, die die SozialarbeiterInnen 1997 unter ihre Fittiche nahmen, sträubten sich, berichtete Sozialsenatorin Karin Roth (SPD). Dabei habe die individuelle Beratung den Betreuten häufig zum Vorteil gereicht, wenn bei einem Hausbesuch etwa festgestellt wurde, daß nicht nur der Kühlschrank Schrott war, sondern auch die Waschmaschine oder der Backofen.

Nun gilt es, diese Erfahrungen in ganz Hamburg zu nutzen. Eine frisch eingerichtete „Lenkungsgruppe Steuerung der Sozialhilfe“ soll sich dieser Aufgabe annehmen. Ziel ist es, in jedem Sozialamt eine Fachstelle einzurichten, die sich speziell um Arbeitsvermittlungen kümmert.