■ Zur Reaktion der Berliner Polizei auf den Tod dreier Kurden
: Tödliche Schlamperei

Da haben sich die Kurden wohl das falsche Objekt ausgesucht, kommentierte vergangene Woche Berlins Polizeipräsident Saberschinsky den Tod von drei fanatisierten jungen Kurden bei der Stürmung der israelischen Gesandtschaft. Nach dieser zynischen Bemerkung sei die Spitze der Unverfrorenheit erreicht, dachte man sich, mehr kann nicht kommen. Falsch! Die Polizei und der für sie politisch verantwortliche Innensenator Werthebach haben gestern mit einer so schlecht gespielten Naivität nachgelegt, daß man sich den gerade nach Brandenburg abgewanderten Vorgänger Werthebachs zurückwünscht.

Schönbohm stand wenigstens für klare Worte – nicht so Werthebach und seine Laienspielschar. Die in der PKK organisierten Kurden, so heißt es bei denen, seien zu früh gekommen! Die Berliner Polizei, ein hochgerüsteter und personell weit überbesetzter Apparat, habe die Info erhalten: Die Kurden kommen um zwei. Sie kamen aber schon um halb zwei. Derweil hatten den Sicherheitshysterikern, die sonst mit Hundertschaften gegen Hütchenspieler vorgehen, zunächst drei „Objektschützer“ gereicht. Keine Polizisten also, sondern jene Erscheinungen, bei denen man nie weiß, ob man sie fürchten oder sie auslachen soll. Richtige Polizisten rückten gleichfalls an – 30 Mann.

Dies alles geschah keine 36 Stunden, nachdem Abdullah Öcalan von türkischen Geheimdienstlern entführt worden war – angeblich unter tätiger Mithilfe der Kollegen vom Mossad, dem israelischen Dienst. Ob das stimmt, wird sich wohl nie klären. Das ist auch egal. Es bleibt vollkommen unverständlich, warum die Berliner Polizei eine solch tödliche Schlamperei begehen konnte. Das Generalkonsulat Israels ist per se ein gefährdetes Objekt. In einem Moment, da die kaderartig geführte PKK wie auch frustrierte junge Kurden ihren „Onkel“ verloren haben, kann es nur eine Strategie geben: auf Distanz halten. Dafür braucht es keine konspirative Aufklärung oder logistische Vorbereitung. Das ist das kleine Einmaleins.

Schon gar nichts hat der Polizeifehler mit Deeskalation zu tun. Die kann erst einsetzen, wenn es so etwas wie eine Front gibt. Vor dem Konsulat existierte diese keine fünf Minuten – da waren die meist jugendlichen Öcalan-Anhänger schon durchgebrochen. Es war nicht die Polizei, die am Tag zuvor bei einer ähnlichen Besetzung deeskaliert hatte, sondern couragierte grüne Abgeordnete und MigrantInnenvertreter. Sie hätten vielleicht auch tags darauf etwas bewirken können. Aber da lagen die Verhandlungspartner schon tot im Plastiksack. Christian Füller