Köln, ein Nachtrag    ■ Von Carola Rönneburg

Eigentlich kann ich meinen Reiseleiter nur loben – den Mann, der mir während meiner Unternehmung „Karneval im Selbstversuch“ ein Dach über dem Kopf und stets ein Kölsch in der Hand gewährte. Und doch gibt es etwas, das nicht verschwiegen werden darf und von dem die Öffentlichkeit – besonders im Großraum Köln – wissen sollte: Herr Blaschke ist Feuerzeugkleptomane.

Sobald sein Auge ein Einwegfeuerzeug erfaßt, will er es besitzen bzw.: haben, haben, haben. Ein rascher Griff nach dem fremden Eigentum, und schon versenkt er das Feuerzeug in der eigenen Hemdtasche. Als ich ihn jetzt dabei ertappte, wie er mich im Restaurant bestahl, rechtfertigte er sich: Sein Leben lang habe er jenem Teil der Menschheit angehört, der morgens frische Feuerzeuge kauft und sie abends an einen Dieb verliert. Eines Tages habe es ihm gereicht: „Ich wollte endlich auch einmal auf der Gewinnerseite stehen.“ Fortan habe er bei jeder sich bietenden Gelegenheit Feuerzeuge eingesteckt. Die bisher erraubten Exemplare horte er zu Hause in einer Schublade.

Ich glaubte ihm natürlich kein Wort. Andererseits weigerte sich Herr Blaschke selbst nach diesem Geständnis, mir mein schönes Bic zurückzuerstatten. Herrn Roth oder den Frosch konnte ich auch nicht mehr um Feuer bitten, die kamen schon seit Stunden auf mich zurück. Während einer kurzen Abwesenheit des Herrn B. – „Ich hole Zigaretten und bringe euch Streichhölzer mit“ – berieten wir Geschädigten, was zu tun sei. Wir waren zu dritt. Sollten wir den dreisten Dieb gemeinsam überwältigen, auf den Kopf stellen und ausschütteln? Hier, mitten im Lokal? Nein, das wollten wir dann doch nicht. Wir beschlossen vielmehr zu warten. Wenn wir erst in Herrn Blaschkes Wohnung wären, lautete der Plan, wollten wir eine Hausdurchsuchung vornehmen. Die Schublade mit dem Diebesgut würden wir schon finden! Der Rest des Abends verlief deshalb sehr harmonisch. Wir sprachen über dies und jenes und den Karneval, bloß nicht über Feuerzeuge. Als uns die Streichhölzer ausgegangen waren, machten wir uns auf den Heimweg. Ein Getränk könne man noch gemeinsam in seinem Wohnzimmer einnehmen, schlug Herr Blaschke vor, dann müßte er sich aber auf den Weg zu seiner Liebsten machen. Wir willigten ein. Nur ein kleines Kölsch trennte uns von der bevorstehenden Suche nach den Vorräten!

Was dann geschah, hätte ich nicht für möglich gehalten. Jedenfalls nicht bei einem erwachsenen Mann: Kaum war die Wohnungstür aufgeschlossen, stürmte Herr Blaschke wie ein von der Leine gelassener Jagdhund den Flur entlang und auf eine Kommode zu. Mit der linken Hand zerrte er eine Plastiktüte aus der Innentasche seiner Lederjacke, mit der rechten riß er die unterste der Kommodenschubladen heraus. Für einen winzigen Moment sahen wir Hunderte von Einwegfeuerzeugen in allen Farben schimmern – aber da hatte Herr Blaschke seinen Schatz auch schon in die Tüte umgefüllt und diese doppelt verknotet. Ein Kölsch lang saß er noch auf ihr, einmal nahm er den Beutel mit auf die Toilette, dann verschwand er in die Nacht – nicht ohne einem von uns zuvorkommenderweise noch Feuer gegeben zu haben. Und wir staunten noch lange und rauchten Kette.