Kolumbarien für die Toten?

■ Modern sind Feuerbestattungen und anonyme Urnen / Stadtgrün berichtet über die Trends auf den Bremer Friedhöfen: Warum nicht wohnortnahe Kolumbarien?

Zum menschlichen Leben gehört das Sterben und die Trauer um die Toten. Ungefähr fünf Quadratmeter Stadtfläche, so hat es der Flächennutzungsplan der Stadt Bremen 1983 ausgewiesen, müssen pro Bürger als Bestattungs- oder Friedhofsfläche vorgehalten werden. In den 90er Jahren ist diese Fläche auf 4,5 Quadratmeter pro Nase geschrumpft. Und so gibt es in Bremen insgesamt 248 Hektar Friedhofsfläche, dazu kommen ca. 70 Hektar reservierter „Erweiterungsflächen“. Der Bremer Eigenbetrieb Stadtgrün, der im Auftrag der Stadtgemeinde die Friedhöfe unterhält, hat nun auf 100 Seiten eine Zusammenfassung über die Bestattungsflächen und die Bestattungsbedürfnisse der Bremer vorgelegt: „Friedhofsentwicklungs plan – Bestand und Bedarf“.

Vor allem auf den konfessionellen Grabesstätten der jüdischen Gemeinde in Hastedt und der Muslime in Osterholz ist absehbar in einigen Jahren kein Grabfeld mehr frei.

Die städtischen Flächen, die rund 87 Prozent aller Friedhofsflächen ausmachen, reichen hingegen aus. Der „Bedarf“ an Bestattungsflächen in den nächsten Jahren hängt in gewissem Ausmaß davon ab, ob die Einwohnerzahl bei 550.000 konstant bleibt oder – wie vom Sanierungsprogramm angestrebt – kontinuierlich auf knapp 600.000 ansteigt. Für die SPD-Abgeordnete Waltraud Hammerström ist die höhere Zahl eine Luft-Nummer: Allein die Zahl 550.000 sei bei der Friedhofsplanung zu berücksichtigen. Wesentlicher für die Frage des Friedhofs–Bedarfes ist etwas anderes. „Auch veränderte Bestattungsformen lassen den Druck auf unsere Friedhofsflächen abnehmen“, findet Hammerström. Während 1974 noch 97 Prozent der Bestattungen „in normalen Gräbern“ stattfanden, waren das 1997 nur noch 66 Prozent.

Und dieser Trend konzentriert sich auf die städtischen Friedhöfe: Hier ist der Anteil der Feuerbestattungen auf 70 Prozent gestiegen. Die gestiegenen Gebühren seien einer der Gründe, „als Nebeneffekt ist dadurch auf einigen städtischen Friedhöfen ein Gräberangebot entstanden, das den Kunden in ausreichendem Maße Wahlmöglichkeiten läßt“, steht in dem Stadtgrün-Bericht. Allerdings müßten die Friedhofsverwaltungen bei Bedarf derzeitige „Sargflächen“ auf den Friedhöfen in „Urnenflächen“ umwidmen: „In Analogie zum Nachfrageverhalten bei Sarggräbern verläuft der Trend (auch bei den Urnengräbern; d. Red.) zu den Grabstellen der kleinstmöglichen Einheit von einem Quadratmeter. Hier wird unter Beibehaltung der jetzigen Struktur bereits im Jahre 2006 ein Engpaß in der Bedarfsdeckung entstehen, der im Jahre 2010 eine Größenordnung von nahezu 4.000 fehlenden (Urnen)- Grabstellen erreichen wird“, heißt es in dem Bericht.

Überreichlich Erweiterungsflächen gibt es vor allem in Bremen-Nord. Dort, so Hammerström, wäre auch für den Bedarf aus dem Bremer Westen ausreichend Platz. Im Gegensatz dazu müßten für die jüdische Religionsgruppe und für Muslime dringend neue Friedhofsflächen gefunden werden, auch für Sinti und Roma besteht ein Bedarf an eigenen Grabstellen, die bislang nach Buntentor gehen mußten.

Für die SPD-Politikerin ist aber eine ganz andere Idee aus dem Bericht von Stadtgrün interessant: Wenn schon der „Trend“ hin zur Urnenbestattung und auch zur ano nymen Urnenbestattung geht, warum, so schlägt Stadtgrün vor, soll man nicht über „Kleinfriedhöfe“ in den Stadtteilen für die Beisetzung von Urnen nachdenken? In südlichen Ländern gibt es sowas, auch in Berlin. Das würde für die Trauernden kürzere Wege schaffen, gleichzeitig entstünden „wohnungsnahe Kommunikations- und Meditationsbereiche, die ein individuelles und nachbarschaftsbezogenes Totengedenken ermöglichen“. Stadtgrün hat auch schon Ideen für die Gestaltung: „Geprägt von wenigen markanten Bäumen, einfachen Eingangs- und Begrenzungsarchitekturen sowie Kieswegen könnten Kolumbarien (Urnenwände) und gärtnerisch angelegte Urnengräber in das Wohnumfeld integriert werden“, heißt es im Fazit des Berichtes. Das sei ein Angebot, das gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung trage. In Neubaugebieten könnte man Flächen für solche Orte freihalten, „Friedhöfe sind besondere gesellschaftliche Orte mit einer eigenen Kultur“, schreibt Stadtgrün. K.W.