Freies Feld für genmanipulierte Tiere und Pflanzen

■ USA verhindern Umweltprotokoll zum Schutz vor Risiken von gentechnischen Organismen

Berlin/Cartagena (taz/AP) – Die Bemühungen um ein internationales Protokoll für Biosicherheit („Biosafety“) sind gestern in Cartagena am Widerstand vor allem der USA gescheitert. „Ich halte es für unfair, daß wir herkommen und zwei Wochen verhandeln“, klagt Joseph Gopo, Direktor vom Biotechnik-Forschungsinstitut in Simbabwe, „damit die US- Industrie einen freien Markt in Afrika hat.“ Eigentlich sollte es nämlich in den vergangenen zehn Tagen im kolumbianischen Cartagena um ein Protokoll gehen, das weltweit Sicherheits- und Haftungsstandards für den Handel mit genmanipulierten Produkten herstellt. Daran waren vor allem die Entwicklungsländer interessiert, die sich von den neuen Gentech- Produkten überrollt fühlen, und in deren Ländern die großen Saatgutkonzerne schon mal unangemeldet Freisetzungsversuche machen.

Fair oder nicht, die USA blieben hart. Ihre Verhandlungsdelegation erklärte, die Entwicklungsländer übertrieben die Risiken. „Kein Vertrag war besser als ein schlechter Vertrag“, beschrieb Rafe Pomerance, Vizechef der US-Delegation daher seine Verhandlungslinie – und so kam es dann auch zu keinem Ergebnis. Unterstützung fand die USA zwar nur von Australien, Kanada, Argentinien, Uruguay und Chile. Doch auch die EU schaffte es nicht, einen Kompromiß zu vermitteln. „Diese Staaten haben im Auftrag der Gentech-Industrie systematisch auf ein Scheitern hingearbeitet“, urteilt Christoph Then von Greenpeace. Lobte aber, „daß die EU sich mit den Entwicklungsländern auf die Seite von Umwelt und Verbrauchern gestellt“ habe. Dies war von Umweltschützern vorab nicht erwartet worden.

Die USA wollten vor allem drei Punkte nicht mittragen: Die Verankerung eines Vorsorgeprinzips, nachdem schon ein begründeter Verdacht zum Importverbot ausreicht; ein Vetorecht der Unterzeichnerstaaten gegen den ungewollten Import; die Einbeziehung von Lebensmitteln und Agrarprodukten ins Protokoll. Die USA wollten das Sicherheitsprotokoll statt dessen nur für Saatgut und Tiere gelten lassen und es den Bestimmungen der Welthandelsorganisation WTO unterordnen.

Die US-Industrie erwartet, daß innerhalb eines Jahrzehnts bereits 90 Prozent der Agrarexporte gentechnisch manipuliert sein werden. Derweil setzen die 174 verhandelnden Länder ihre Beratungen zunächst aus. Erst im Mai 2000 soll dann in Nairobi das Protokoll erneut beraten werden. Solange wollen nicht alle warten: Greenpeace forderte gestern die Teilnahmerstaaten auf, nun auf eigene Faust nationale Importverbote zu verhängen, so lange, bis das Protokoll endlich steht. Matthias Urbach