Belgrad spottet über die Blamage des Westens

■ Nach dem Ende der Kosovo-Verhandlungen in Rambouillet läßt sich Milošević als Sieger feiern

Belgrad (taz) – „Ich habe gesagt, daß die dramatischen Drohungen mit einem Nato-Angriff Quatsch sind. Wenn ich einem Flegel mit Prügel drohen würde und dann so täte, als ob nichts passiert wäre, würde mich doch die ganze Nachbarschaft auslachen“, sagte ein Kellner im Belgrader Pressezentrum, während am Dienstag die CNN die Pressekonferenz nach dem Ende der Kosovo-Gespräche in Rambouillet übertrug. Die internationale Gemeinschaft habe sich blamiert und die Serben müßten sich jetzt noch anschauen, wie „der Flegel Milošević“ jubelt und von seiner Unbesiegbarkeit schwärmt, sagte der Mann.

Der Berg kreiste und gebar eine Maus – das ist in Serbien die allgemeine Einschätzung der Friedenskonferenz über den Kosovo. Vor seiner Abreise nach Belgrad höhnte Serbiens Präsident Milan Milutinović in Paris: „Mit ihren Beschlüssen will die Kontaktgruppe das Scheitern der Gespräche aufgrund der Haltung der Kosovo-Albaner verdecken.“ Die meisten Dokumente hätte die serbische Delegation erst in der zweiten Woche erhalten, einige sogar nur Stunden vor der Deadline. Diese Show sei ein Betrug gewesen, mit dem Ziel, daß die Serben „Unakzeptables akzeptieren“ oder sich mit Bomben abfinden.

Alles in allem kann Jugoslawiens Präsident Milošević zufrieden sein. Seine Entschätzung, daß die Drohungen der Nato an der Uneinigkeit in der Kontaktgruppe scheitern, hat sich bestätigt. Außerdem kennt Milošević die Kosovo-Albaner. Er setzte darauf, daß sie zerstritten sind und es sich nicht leisten können, ein Dokument zu unterzeichnen, das nicht zumindest die Hoffnung auf Unabhängigkeit des Kosovo vorsieht.

Die einflußreichste regimenahe Tageszeitung Politika meint, daß es in Rambouillet um nichts anderes ging als die Stationierung von Nato-Truppen im Kosovo. Die ganzen „Ausreden“ über Menschenrechtsverletzungen sollten nur der Nato ermöglichen, auf diesem „strategisch wichtigen“ Teil des Kontinents Fuß zu fassen. Milošević hätte sich gefreut zu hören, wie in einem Belgrader Park eine Mutter ihrem Sohn, der ein Mädchen von der Schaukel schubsen will, lachend drohte: „Wenn du nicht brav bist, wird dich die Nato bombardieren.“ Die serbische Opposition ist gar nicht belustigt. „Das Scheitern der Kosovo-Gespräche verlängert nur die Agonie in Serbien“, verkündete die Sozialdemokratische Partei. Solange Kosovo Schlagzeilen macht, werden die Bürger von den Problemen im Lande abgelenkt: der katastrophalen sozialen Lage, dem Mangel an Medienfreiheit und dem Zustand in der Föderation mit Montenegro. Andrej Ivanji