Supermann gesucht

■ Ein Job, für den sich nicht gar keiner findet: Kriegt Radio Bremen doch noch einen neuen Chef?

Sie gehören derzeit zu den gefragtesten Leute in Bremen, doch sie antworten nicht: Seit vier Wochen sucht die siebenköpfige Findungskommission des Radio-Bremen-Rundfunkrates nach einem neuen Intendanten für den kleinsten ARD-Sender. Doch gegen die Bremer Gewohnheit hält die mit den Parteichefs von SPD und CDU, den Radio-Bremen-Gremienoberen und LobbyistInnen besetzte Kommission dicht. Nur eins läßt sie raus: Man werde dem Rundfunkrat am 17. März einen einvernehmlich ausgewählten Kandidaten vorschlagen. Flurfunk und Lokalpresse spekulieren deshalb um so eifriger über einen möglichen Nachfolger von Karl- Heinz Klostermeier. Der derzeitige Intendant war von den Regierungsparteien SPD und CDU per Gesetz aus dem Amt gemobbt worden, weil es für den Sender politisch immer düsterer aussah und die große Koalition auch keine andere Idee hatte, als bei der Spitze anzufangen.

Beim munteren Intendantenraten fallen nun die Namen des Bonner ARD-Studioleiters Martin Schulze oder des USA-Korrespondenten Jürgen Thebrath. Auch Martin Schmid-Ospach, der Vize- Fernsehchef des WDR, fährt wie immer, wenn in der ARD ein guter Posten zu vergeben ist, auf dem Karussell mit. Schließlich hat mit dem Radiomacher Wolfgang Hagen noch jemand aus den eigenen Reihen eine Chance im Ratespiel. Doch die Rundfunkratschefin Roswitha Erlenwein, die die geheim tagende Kommission leitet, lacht nur, schweigt und sieht auch sonst ganz entspannt aus.

Denn das Schlimmste haben die Amateur-Headhunter offenbar überstanden: Die Angst, daß sich überhaupt keiner auf den Posten bewirbt. Denn für den Neuen wird es hart, auch wenn die Länder-Regierungschefs bei ihrer derzeitigen Konferenz in Bonn den sogenannten Strukturfonds noch einmal durchwinken, der den umstrittenen ARD-Finanzausgleich ersetzen soll, von dem Radio Bremen zur Hälfte lebt.

Es ist somit in jedem Fall ein schweres Amt: Auf mindestens 20 bis 30 Millionen Mark jährlich wird der Sender verzichten müssen – über 20 Prozent seines Etats könnten fehlen. Die rund 600 festen MitarbeiterInnen fürchten einen Abbau von bis zu 250 Stellen.

Doch fehlendes Geld ist nicht alles, eine fehlende Perspektive kommt hinzu: Der neue Chef muß auch die Agonie im Sender überwinden, soll das Programm anknüpfen an die ruhmreiche Vergangenheit, in der der Sender mit seinem Regionalmagazin „Buten und Binnen“ und Unterhaltungsformaten Zeichen in der ARD setzte. Gesucht wird also jemand mit Sanierer- und Managerqualitäten, der auch dem Programm neues Leben einhauchen kann – ein Supermann. Daß es eine Superfrau wird, ist unwahrscheinlich. Zwar hätten sich auch Frauen beworben, erzählt ein Kommissionsmitglied, benutzt dann aber nur die männliche Form: „Ich bin optimistisch, daß wir bald den neuen Intendanten finden werden.“

Zu all den drängenden Fragen kommt, daß der neue Chef auch sagen muß, was aus den eingestellten Verhandlungen mit dem NDR wird, die beide Sender widerwillig begonnen hatten. Vielen scheint eine solche Kooperation beider als die einzige Rettung aus der Krise. Aber in Bremen scheut man sich zu überlegen, welche Abteilungen einer Kooperation geopfert werden könnten. Und auch den NDR trieb nur die Angst zu den Gesprächen, Radio Bremen könnte dereinst als Klotz am Bein des großen Senders wirken. „Wenn wir mit Radio Bremen kooperieren, werden wir weniger in den Finanzausgleich einzahlen“, kündigte NDR- Chef Jobst Plog schon mal an. Was dem einen genommen wird, zahlt der andere weniger. Der Neue wird das Nullsummenspiel mitspielen müssen. Christoph Köster