Das Auswahlverfahren ist undemokratisch

■ Ebrahim Jasdi, der Generalsekretär der Freiheitsbewegung, setzt sich für mehr Bürgerrechte ein

Die Freiheitsbewegung (nehsat-e Asade) hat zwar keinen offiziellen Status, wird jedoch toleriert. Von ihren Gegnern wird sie deshalb als „illegale“ Organisation bezeichnet. Ihr Generalsekretär Ebrahim Jasdi pocht jedoch darauf, daß alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, auch legal ist. Von Wahlen war die Organisation bisher praktisch ausgeschlossen. Bei den Parlamentswahlen 1996 reduzierte der mächtige Wächterrat ihre Liste auf zwei chancenlose Kandidaten. Bei den jetzigen Kommunalwahlen ist die Freiheitspartei in Teheran mit vier Kandidaten dabei. Außerhalb der Hauptstadt wurden alle Kandidaten der Freiheitsbewegung disqualifiziert.

taz: Die Freiheitsbewegung nimmt erstmals wirklich an Wahlen teil. Heißt das, daß die Kommunalwahlen demokratisch sind?

Ebrahim Jasdi: Ich zögere, demokratisch zu sagen. Das Auswahlverfahren der Kandidaten ist undemokratisch. Die Leute müssen selbst entscheiden, wen sie für geeignet halten. Außerdem wurden die Listen der unabhängigen Kandidaten erst in letzter Minute bekanntgegeben, so daß sie keinen richtigen Wahlkampf mehr führen konnten.

Wie gehen die Behörden derzeit mit ihrer Organisation um?

Vergangenen Samstag kamen hier um zehn Uhr abends Polizei und Sicherheitsbeamte in Zivil vorbei. Sie haben unser Büro durchsucht, Flugblätter beschlagnahmt und vier Leute verhaftet.

Mit welcher Begründung?

Auf den Flugblättern stand „Freiheitsbewegung“ und die Polizisten haben behauptet, unsere Organisation sei illegal.

Wie ging es weiter?

Wir sind alle mit zur Polizei gegangen und bis vier Uhr früh geblieben. Dann durften die Verhafteten wieder gehen. Ich mußte aber unterschreiben, daß sie am nächsten Morgen um neun vor einem Richter erscheinen. Der hat dann gesagt, er werde nur Anklage erheben, wenn das Innenministerium dies verlange. Das Ministerium hat den Fall dann zu den Akten gelegt. Aber unsere Wahlkampfmaterialien waren wir los. Das war klare Sabotage.

Ihre Gegner nennen Ihre Organisation liberal. Im Iran ist das ein Schimpfwort. Wo steht ihre Organisation politisch?

Die Freiheitsbewegung ist nach der iranischen Verfassung und dem Parteiengesetz legal. Wir sind eine nationale Partei mit religiöser Orientierung. Wir kämpfen für die Wiederherstellung der Rechte der Bürger. Wir stehen zur Verfassung der Islamischen Republik, auch wenn wir einige Artikel ablehnen. Das heißt schließlich nicht, daß wir uns nicht daran halten.

Welche Artikel meinen Sie?

Jene die Welajat-e Faqih betreffen?

Heißt das, Sie lehnen das von Chomeini entwickelte Prinzip der Statthalterschaft der islamischen Rechtsgelehrten ab?

Ich glaube nicht daran.

Rechnen Sie sich Chancen für ihre Kandidaten aus?

Natürlich. Aber eigentlich ist es gar nicht so wichtig, wer gewählt wird, sondern daß jetzt Kommunalparlamente entstehen. Das hilft der Entwicklung der Demokratie auf Graswurzelniveau.