Der Verfassungsschutz

Am 7. November 1950 wurde in Köln das Bundesamt für Verfassungsschutz gegründet. Heute teilen sich sechzehn Landesämter und das Bundesamt die Aufgaben des Inlandsgeheimdienstes – mitunter auch Frühwarnsystem der Freiheit genannt. Ins Blickfeld der Geheimdienstler gerät vor allem, wer die freiheitlich demokratische Grundordnung abschaffen will oder als Agent für andere Geheimdienste arbeitet.

Verfassungsschutz ist nicht billig: Allein das Bundesamt mit seinen 2.219 Bediensteten kostete 1996 über 224 Millionen Mark. In dem von Bund und Ländern gemeinsam betriebenen Nachrichtendienstlichen Informationssystem waren Anfang 1997 920.473 Personen gespeichert.

Geregelt wird die Arbeit der Verfassungsschützer in den Landesgesetzen, für das Bundesamt gilt das Bundesverfassungsschutzgesetz. Dort sind auch die nachrichtendienstlichen Mittel festgeschrieben: elektronische Überwachung, Einschleusung von V-Leuten oder Kontrolle der Post.

Achtzig Prozent ihrer Erkenntnisse gewinnen die Verfassungsschützer nach eigenen Angaben aus der Auswertung offener Quellen, also aus der Zeitung, aus Parteiprogrammen oder öffentlichen Äußerungen.

Formal sind Inlandsgeheimdienst und Strafverfolgungsbehörden strikt getrennt. Dieses Trennungsgebot, das nach den Erfahrungen mit der Geheimen Staatspolizei der Nazis eingeführt wurde, ist in den vergangenen Jahren aber zunehmend ausgehöhlt worden. So wurde beispielsweise mit der Einrichtung einer Koordinierungsgruppe Terrorismusbekämpfung (KGT) im Zuge der Fahndung nach der Roten Armee Fraktion diese Trennung de facto aufgehoben.

Ähnliche Gremien zur Bekämpfung des Rechtsextremismus wurden Mitte der neunziger Jahre eingerichtet. Die Trennung zwischen Geheimdienst und Polizei wird aber vor allem durch die Ausweitung des Tätigkeitsfeldes des Verfassungsschutzes unterlaufen.

Im letzten Jahr wurde trotz heftiger Proteste der Polizeibehörden der Sektenkonzern Scientology zum Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes erklärt. Bayern und Baden- Württemberg preschten an anderer Stelle vor: Sie setzten die Organisierte Kriminalität auf die Agenda ihrer Landesverfassungsschutzbehörden.

Wolfgang Gast