Ökostrom vom Atomkonzern

HEW bieten gemeinsam mit Shell Strom aus regenerativen Energien an – ein „grünes Deckmäntelchen“, kritisieren Umweltschützer  ■ Von Florian Marten

Robin-Wood-Mitarbeiter Jürgen Sievert fehlten gestern zunächst die Worte. Ökostrom von Shell und den HEW? „Grundsätzlich ist das zu begrüßen“, wog Sievert ab. „Aber solange die Konzerne ihre Energiepolitik nicht grundlegend ändern, ist so etwas nur ein grünes Deckmäntelchen.“

Ab dem 1. Juni wollen Shell und die Hamburgischen Electricitätswerke unter dem Namen „newpower“ Strom anbieten, der ausschließlich aus regenerativen Energiequellen stammt, etwa aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen, Biomasse oder Wasserkraft. Für einen Aufpreis von 9,2 Pfennig pro Kilowattstunde – für den Durchschnittshaushalt wären das 21 Mark pro Monat zusätzlich – können VerbraucherInnen in der Hansestadt dann Strom beziehen, dessen ökologische Qualität ein unabhängiges Institut zertifizieren soll.

Dabei gehe es, betonte HEW-Sprecher Mario Spitzmüller, um eine kleine Energiewende. „Wir wollen neue Kapazitäten für die Stromerzeugung aus regenerativen Quellen aufbauen. Grünen Strom zu beziehen soll so normal werden wie Autofahren.“ Shell und die HEW möchten, wenn die Nachfrage nach newpower stimmt, Windkraft- und Photovoltaikanlagen in großem Stil bauen. Sie hoffen, schon in Kürze 3000 bis 5000 KundInnen zu gewinnen.

„Das ist der Einstieg in ein neues Geschäft“, lobte auch Shell-Sprecher Matthias Glischinski-Kurc. „Wenn der Test in Hamburg zum Erfolg wird, werden wir newpower bundesweit anbieten.“ Und Fritz Vahrenholt, Shell-Vorständler und ehemaliger Hamburger Umweltsenator, sieht gar die Energiewende schon greifbar nahe: „Im ersten Jahr liegt der Anteil erneuerbarer Energien bei 0,5 Prozent, in zehn Jahren bei 10 Prozent und in 50 Jahren dann bei 50 Prozent.“

Ob es den Großunternehmen wirklich nur um eine Wende in der Energiepolitik geht, darf dennoch bezweifelt werden. Mit 9,2 Pfennig Aufschlag pro Kilowattstunde ist der newpower-Strom gerade ein bißchen billiger als der, den die unabhängigen Anbieter „Vasa Energy“ und „Ökostrom“ seit zwei Wochen in der Hansestadt anbieten. Die beiden Firmen können ihre Preise nicht senken, weil sie 10,6 Pfennig Netz-Durchleitungsgebühren an die HEW zahlen müssen. Das newpower-Projekt könnte demnach vor allem den Zweck haben, kleine Anbieter vom Markt zu kicken.

Mit einem schnellen Ausstieg aus der Atomenergie mochte Fritz Vahrenholt das neue Angebot denn auch nicht in Verbindung bringen. Wer das beschleunigte Abschalten von AKWs und den sofortigen Bau von Gasheizkraftwerken fordere, verhindere die Wende, argumentierte er. „Dies wäre das Ende der regenerativen Energien.“ Die Konzerne hätten nicht das Geld, neben Kraftwerken für fossile Brennstoffe auch noch in erneuerbare Energiequellen zu investieren.

Robin Wood-Mitglied Jürgen Sievert sieht damit seine Skepsis bestätigt: „Solange die Konzerne nicht wirklich umdenken und sich von der Atomenergie verabschieden, sind das alles nur Pseudomaßnahmen, um die Fortsetzung ihrer bisherigen Energiepraxis zu verschleiern.“