Erholen, wo Schmetterlinge tanzen

■ Wer in den Ferien gesund wohnen will, mietet sich im Bio-Hof ein / Aber noch gibts davon nicht viele

Der Gärtnerhof an der Aue liegt noch halb im Winterschlaf. Außer den Hühnern im Gehege hinter dem Wohnhaus ist kein Tier zu sehen. Und außer einem Hahnenschrei ist auch nichts zu hören: Der Bio-Hof Rabben mit seinen Weiden ist umgeben von Wald. Das naßkalte Februarwetter hat die Wiese zwischen den drei Wirtschaftsgebäuden aus rotem Klinker aufgeweicht. In einem Flachbau haben es sich die zwölf Kühe auf Stroh bequem gemacht. Am Teich nebenan liegt verwaist ein Floß aus Paletten. Und auch das Gewächshaus gegenüber sieht von außen nicht so aus, als ob Familie Rabben drinnen gerade Feldsalat anbaut.

Im Sommer tollen hier, keine 20 Kilometer von Oldenburg, Kinder mit dem Floß auf dem Teich herum oder wollen unbedingt mit Werner Rabben Trecker fahren. Sie sind dann mit ihren Eltern zu Gast in einer der zwei Ferienwohnungen, die das Ehepaar Rabben seit mittlerweile sechs Jahren vermietet. Wer hier auf dem Bio-Bauernhof Urlaub macht, kommt nicht nur wegen der frischen Luft – sondern auch, um gerade in den Ferien mal gesund zu leben. Das fängt auf Rabbens Hof schon bei der Ausstattung der Appartments an.

„Unsere Ferienwohnungen liegen im ersten baubiologischen Haus, das in Niedersachsen gebaut wurde“, sagt Bauer Rabben selbstbewußt. 1978 war sein persönliches Pionier-Baujahr. Auch die Betten in den gemütlichen Wohnungen sind fast alle aus Naturholz – und RaucherInnen kommen gar nicht erst rein. „Der Rauch setzt sich zu lange fest.“ Selbst in die Waschmaschine füllt Ria Rabben nur Öko-Waschmittel. Ein wichtiger Grund: Die Abwässer von Haus und Hof werden in der nahe gelegenen Pflanzenkläranlage gereinigt. Sogar Bio-Lebensmittel – im Sommer frisches Obst und Gemüse direkt aus dem Garten – gibts im Hofladen zu kaufen.

„Die Gäste, die zu uns kommen, leben anders. Die ernähren sich meist vollwertig“, sagt der 63jährige Rabben. Oft seien es Waldorf-AnhängerInnen. „Und viele haben Kinder mit Allergien. Die blühen bei uns wieder auf“, hat der Landwirt beobachtet. Im Fremdenverkehrsbüro von Edewecht hat er den Bio-Hof mit seinen 10 Hektar gar nicht erst verzeichnen lassen. Das sei nicht ihre Klientel. Die meisten Feriengäste erfahren von dem Hof über Anzeigen in der Öko-Ernährungszeitschrift „Schrot und Korn“ oder im „Neuform-Kurier“, der im Reformhaus ausliegt. Ganz anders dagegen macht es Kollege Joachim Bauck vom Bauckhof in Amelinghausen, das im Dreieck zwischen Harburg, Lüneburg und Schneverdingen liegt. „Die Hälfte unserer Gäste sind ganz normale Bürger von der Straße, die durch den Fremdenverkehrsverein hierher kommen.“ Aber wer die Adresse aus dem Katalog „Urlaub auf Biohöfen“ (siehe Kasten) habe, „der legt meist großen Wert auf gesunde Ernährung und Öko-Waschmittel.“ Auch der große Bauck-Hof mit Ackerbau, Obst- und Gemüseanbau und vielen Tieren ist nach baubiologischen Kriterien eingerichtet.

Im Gegensatz zum Bauckhof in Amelinghausen brauchen die Rabbens ihre Feriengäste, um weiterhin ökologische Landwirtschaft betreiben zu können. Für Ria Rabben, die nebenbei noch ein Neuformhaus führt, bedeutet das eine Menge Arbeit, „vor allem mit der Wäsche“. Dafür kommt von den Gästen aber auch was zurück: „Oft wird man zum Tee eingeladen“, erzählt sie. Und im Gästebuch häufen sich die Lobeshymnen. Doch seit zwei Jahren bleiben viele UrlauberInnen statt drei bis vier Wochen oft nur noch sieben bis zehn Tage. „Das Geld wird knapper und die Arbeitsplätze immer unsicherer“, erklärt sich Werner Rabben den Gästeschwund. Gerade Familien mit Kindern, die am liebsten zu ihm kommen, haben es seiner Meinung nach finanziell am schwersten. Da würden auch ganz konventionelle Anbieter zu Konkurrenten – wie die vielen Vermieter von ganz konventionellen Ferienwohnungen in Norddeutschland und im benachbarten Mecklenburg-Vorpommern.

„Dabei sind wir kaum teurer als die herkömmlichen Vermieter oder als Ferien auf dem Bauernhof“, betonen die Öko-VermieterInnen. Das beweist der Blick ins Vermieterverzeichnis – das allerdings überraschend dünn ausfällt. Von Übernachtungsmöglichkeiten für RadwanderInnen abgesehen, gibt es zum Beispiel in den Regionen Niedersachsen, Bremen und Hamburg nur sechs ausgewiesene Öko-Bauernhöfe, die auch Feriengäste aufnehmen. erstaunlich, denn hört man Landwirt Rabben zu, lohnt sich der Bio-Urlaub für Naturfreaks auf jeden Fall: „Hier ist einfach Leben, das spüren die Leute. Auf der Wiese tanzen im Sommer sogar Schmetterlinge, die auf der roten Liste für bedrohte Arten stehen.“ Ihren Hof wollen Rabbens trotzdem bald verkaufen. Sie haben viel gearbeitet im Leben. „Jetzt wird es für uns Zeit, in den Ruhestand zu gehen.“ Britta Erlemann