Den Weg in den Kosovo geebnet

Große Mehrheit im Bundestag für die Entsendung der Bundeswehr in den Kosovo. PDS-Fraktion stimmt dagegen. Fischer: „Können dem Konflikt nicht entkommen“  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

„Europa kann es sich nicht leisten, diesen Teil seiner selbst sich selbst zu überlassen.“ Mit diesen Worten warb Verteidigungsminister Rudolf Scharping am Mittwoch abend im Bundestag für die Zustimmung des Parlaments zum bisher größten Auslandseinsatz der Bundeswehr. Sollten die Verhandlungen im französischen Rambouillet zur Unterzeichnung eines Friedensabkommens für den Kosovo führen, dann kann sich die Bundeswehr nun mit bis zu 6.000 Soldaten an der militärischen Überwachung des Abkommens beteiligen.

556 Abgeordnete aller Fraktionen außer der PDS stimmten dem Antrag der Bundesregierung zu, 42 stimmten dagegen. Zehn Parlamentarier enthielten sich der Stimme. Rudolf Scharping betonte, der Beschluß des Bundestags sei die „notwendige Voraussetzung“ für ein langfristiges politisches Konzept für die Gesamtregion, ersetze jedoch dieses Konzept nicht. Das Risiko des möglichen Bundeswehreinsatzes wird vom Verteidigungsminister bedeutend höher als bei früheren Operationen eingestuft. Aus seiner Sicht wurde das Dayton-Abkommen für Bosnien auch von der Kriegsmüdigkeit der Konfliktparteien begünstigt. Diese Kriegsmüdigkeit gebe es im Kosovo nicht.

Für die Unionsparteien wies Scharpings Vorgänger Volker Rühe (CDU) darauf hin, daß der Bundestag sich in einer „sehr ungewöhnlichen Entscheidungssituation“ befinde: „Es gibt kein Rambouillet-Abkommen. Niemand weiß, ob es wirklich ein Abkommen geben wird, und wenn es ein Abkommen gibt, ob es halten wird.“ Das räumte in seiner Rede auch Außenminister Joschka Fischer ein: „Wir wollen alles versuchen, aber wir können nicht garantieren, daß wir zu einem erfolgreichen Abschluß nach dem 15. März kommen.“ Es sei dennoch notwendig, den Beschluß jetzt zu treffen. Andernfalls könne Belgrad eine Uneinigkeit innerhalb der Nato wittern und die Kosovoer drohten das Vertrauen in die Handlungsbereitschaft des Westens zu verlieren. „Wir werden diesem Konflikt, wenn wir wegschauen, nicht entkommen können“, sagte Fischer. Der Beschluß des Bundestags erlaubt es, bereits jetzt einen Teil des deutschen Kontingents für die geplante Friedenstruppe nach Makedonien zu verlegen. Bevor die Grenze in den Kosovo überschritten wird, muß jedoch der Bundestag nochmals mit der Angelegenheit befaßt werden. Die PDS stimmte dem Antrag der Bundesregierung als einzige Fraktion nicht zu. Gregor Gysi begründete diese Entscheidung mit dem Beschluß des Bundestags vom Herbst 1998, in dem das Parlament entschieden habe, die Anwendung militärischer Gewalt gegen Jugoslawien zu unterstützen. „Dieser Beschluß ist völkerrechtswidrig gewesen, und er bleibt es auch heute.“ Auch ein Friedensvertrag in Rambouillet käme, so wünschenswert er sei, nur unter der Androhung von Bombardierung zustande. Damit sei er aber nach dem Völkerrecht nichtig.