Grundbesitz als Alternative zur Mittelmeerjacht

■ Ein Relikt aus dem Mittelalter: Noch heute sind Lehnsherren Vetreter der englischen Krone

Das schottische Landrecht stammt aus dem Mittelalter. Noch heute ist in den Gesetzen von Lehnsherren und Vasallen die Rede. 88 Prozent Schottlands sind in Privatbesitz, mehr als ein Sechstel davon gehört 21 Adelsfamilien.

Mit 640 Quadratkilometern, die von tausend Angestellten bewirtschaftet werden, ist der Herzog von Buccleuch Schottlands größter Landbesitzer. Er kann seine Familie bis zu Karl II. zurückverfolgen. Der stets höfliche alte Herr hat etwas Ähnlichkeit mit Prinz Philip, dem Gemahl der Königin. Man müsse sich doch mal die gescheiterten Kolchosen in den ehemaligen kommunistischen Ländern ansehen, sagt er. Seine Ländereien gedeihen dagegen prächtig. „127.000 Lämmer im Jahr, 16.000 Rinder, 18 Millionen Liter Milch, 50.000 Tonnen Holz“, zählt er auf. „Und die Liste ist noch länger, es ist ein blühendes Geschäft.“ Es bringt ihm 15 Millionen Pfund im Jahr ein. Und er ist nicht einmal der schlechteste Laird. „In den Highlands kaufen manche Leute Ländereien und halten das für eine Alternative zu einer Jacht im Mittelmeer“, sagt er, und das mißfällt ihm. Denn als Landbesitzer sei man seinen Leuten verpflichtet.

Die Lehnsherren, die sogenannten „Lairds“, sind formal Vertreter des Königs, der nach dem aus dem Mittelalter übernommenen Feudalrecht das letztendliche alleinige Verfügungs- und Veräußerungsrecht über das Land hat. In der Praxis haben die Lairds auf ihrem Besitz weitreichende Rechte. Dem Laird gehört nicht nur das Land, sondern auch alles, was darauf steht und wächst. Er kann kleinste Bauprojekte verhindern oder gegen die Zahlung einer Gebühr genehmigen, er kassiert Feudalabgaben, er kann die Menschen vertreiben, wenn es ihm genehm ist.

Nachdem die letzte Rebellion der schottischen Hochland-Clans gegen die englische Krone in der Schlacht bei Culloden 1746 fehlgeschlagen war, mußten die Clan- Chefs ihre Armeen auflösen. Doch wohin mit den Leuten? Zunächst wurden sie mit der Produktion von Kelp beschäftigt, einem braunen Seegras, dessen Asche für Schießpulver benötigt wurde. Doch nach dem Ende der Napoleonischen Kriege 1815 war Kelp nicht mehr gefragt. Viele Clan-Chefs und Landadlige, die sich an das komfortable Leben am Hofe in Edinburgh oder London gewöhnt hatten, stiegen auf Schafzucht um – die Menschen mußten weichen, denn sie brachten weniger ein als die Schafe.

Bei den Vertreibungen, den berüchtigten „Clearances“, wurden ganze Landstriche entvölkert. Betroffen waren vor allem das schottische Hochland und die Hebriden-Inseln, wo verfallene Dörfer noch heute davon zeugen.