„Das Methadon-Programm ist erfolgreich“

■ Studie des UKE löst in Hamburg Diskussion über Drogensubstitution aus

Im vorigen Jahr sollen mehr Menschen an Methadon als an Heroin gestorben sein. Eine Studie des Gerichtsmedizinischen Instituts am Universitätskrankenhaus Eppendorf, die gestern vorab veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis, daß 38 Menschen 1998 in Hamburg an Methadon starben, 32 an Heroin. Der Präsident der Hamburger Ärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, bewertete die Untersuchung gestern als unwissenschaftlich und witterte einen politischen Angriff auf das Methadonprogramm. „Ich kann belegen, daß einige der Todesfälle schon Jahre zuvor passierten.“

Nachdem die Autoren der Studie, der Direktor am rechtsmedizinischen Institut Klaus Püschel und Achim Schmoldt gestern von den Reaktionen auf ihre Veröffentlichung überrascht wurden, bemühten sie sich um Schadensbegrenzung: „Die Ergebnisse des Methadon-Programms sind insgesamt sehr positiv“, betonte Püschel. Die 38 Todesfälle seien wohl auf einen Mißbrauch des Substitutes zurückzuführen. Denn die meisten Verstorbenen seien nicht im offiziellen Methadonprogramm gewesen, hätten sich den Stoff also illegal und damit unkontrolliert besorgt. In fünf Fällen hätten Menschen den Saft aus Versehen getrunken.

Das Methadon-Programm wird seit 1990 wissenschaftlich von dem Sozialwissenschaftler Peter Raschke begleitet. Auch der bilanzierte gestern: „Die Sterblichkeitsrate der Drogenkonsumenten, die substituiert werden, ist halb so hoch wie die von Nichtbehandelten.“ Beachtlich sei dies deshalb, weil ins Methadonprogramm nur aufgenommen werde, wer bereits schwer krank oder suizidal sei. Die Todesfälle seien zumeist KonsumentInnen, die keine Drogenberatung oder Therapie aufgesucht hätten.

Wieviele der 38 Methadon-Toten ihr Substitut offiziell über einen Arzt bekommen haben, ist laut Püschel nicht eindeutig feststellbar. Er geht davon aus, daß rund Dreiviertel der von ihm untersuchten Drogentoten nicht offiziell substituiert wurden. In den Blickpunkt geraten dadurch die bundesweiten sogenannten NUB-Richtlinien, die festlegen, wer Methadon bekommen kann. Denn offenbar, so Stefan Marks von der Gesundheitsbehörde, gibt es eine Reihe von DrogenkonsumentInnen, die mit Methadon von der Droge loskommen wollen, aber keine Chance haben, es vom Arzt zu bekommen. Offiziell bekommt den Ersatzstoff nur, wer an Aids oder einer vergleichbar schweren Krankheit erkrankt ist oder Zeit bis zum Beginn einer Therapie überbrücken muß.

Daß ein Schwarzmarkt für das Substitut entstehen konnte, erklären sich die Fachleute vor allem damit, daß seit einigen Jahren Methadon nicht ausschließlich direkt beim Arzt oder Apotheker, sondern in einigen Fällen auch nach dem „take-home-Prinzip“ zu Hause getrunken werden kann. Hält ein Arzt einen Konsumenten für sehr zuverlässig, kann er ihm die Dosis für wenige Tage im voraus mitgeben. Hier muß laut dem Drogenbeauftragten Horst Bossong nun die „Qualitätssicherung“ ansetzen. Durch Gespräche mit Apothekern und Ärzten will er deren Aufsicht über die „take-home-Dosierung“ verbessern. Elke Spanner