US-Geheimdienst schnüffelte im Schatten der Unscom

■ Hinter dem Rücken der UNO-Inspekteure installierte die CIA im Irak ein Abhörsystem

Genf (taz) – Der US-Geheimdienst CIA hat ursprünglich zur Überwachung von Rüstungsanlagen installierte Kamera- und Videoanlagen der UNO-Sonderkommission im Irak (Unscom) ohne deren Wissen manipuliert und ab Anfang 1996 drei Jahre lang zum Abhören der irakischen Streitkräfte mißbraucht. Das berichtete die Washington Post in ihrer gestrigen Ausgabe unter Berufung auf hohe Regierungsbeamte und Dokumente über die geheimen Abhöraktionen.

Danach haben CIA-Spezialisten, die als US-Techniker in die Unscom eingeschleust wurden, die Kameras und Videoanlagen installiert und gewartet. Sie bauten hochsensitive Antennen ein, mit denen die interne Kommunikation der irakischen Streitkräfte abgehört wurde – darunter auch die der Eliteeinheiten „Republikanische Garden“.

Entsprechende Vorwürfe des ehemaligen Unscom-Mitarbeiters Scott Ritters hatte die US-Regierung in den letzten Monaten immer wieder scharf dementiert. Ritter wurde als „Spinner“ oder als „schlecht informiert“ abgetan. Als Barton Gellmann, Journalist der Washington Post, Ende vergangener Woche die CIA, das Pentagon, das Weiße Haus und das Außenministerium mit seinen Rechercheergebnissen und Beweisunterlagen konfrontierte, wurden diese Dementis nicht mehr aufrechterhalten.

Bereits im Januar mußte die Clinton-Administration nach anfänglichem hartnäckigem Leugnen Berichte amerikanischer Zeitungen bestätigen, wonach die US- Gemeimdienste über ein Abhörsystem, das Washington der Unscom 1994 für ihre Rüstungsüberwachungsaufgaben zur Verfügung gestellt hatte, separate Informationen abzweigten. Diese Abhörinformationen dienten zur Identifizierung von Zielen für Luftangriffe, die die USA allein durch ihre Satelliten nicht ausmachen konnten.

Mit Hilfe dieser Informationen wurden allein bei der „Operation Wüstenfuchs“ vom Dezember vergangenen Jahres bis zu 1.600 Mitglieder der Republikanischen Garden getötet, wie das Pentagon später als „Erfolg“ vermeldete. Unscom-Chef Richard Butler, der einen Mißbrauch der Unscom durch US-Geheimdienste bislang stets ausgeschlossen hatte, verweigerte gegenüber der Washington Post zunächst einmal eine Stellungnahme. Andreas Zumach