: Bioengineering bei Shakespeare
■ Ein Gespräch über Bremens Privatuniversität in Planung, die International University Bremen, mit dem neuen Präsidenten
Seit drei Wochen hat Bremens Privatuni in spe, die International University Bremen, ihre Satzung, ihren Aufsichtrat und ihren Präsidenten. Fritz Schaumann heißt er, war Mitbegründer der Uni Dortmund und zehn Jahre Forschungs-Staatssekretär unter der Kohl-Regierung. Gemeinsam mit dem amerikanischen Mathematik-Professor Raymond Wells von der Rice-University in Houston bereitet er den Start von Bremens Privatuni vor. Die taz fragte, wie Lehre und Forschung an Bremens künftiger Privatuni aussehen sollen:
taz: Wenn ein Student im Jahr 2002 an die neugegründete Privatuni in Bremen kommt, was findet er dann vor?
Fritz Schaumann, Präsident: Wir werden mit Ingenieur- und naturwissenschaftlichen Studienangeboten beginnen – und zwar auf dem Niveau zwischen Vordiplom und Diplom.
Die sollen ihr Studium abgeschlossen haben, wenn sie nach Bremen kommen?
Im Prinzip ja. Bis zum Herbst dieses Jahres wollen wir zwei Wissenschaftler finden. Einen für Ingenieur- und Naturwissenschaften, einen für Geistes- und Sozialwissenschaften. Diese würden gemeinsam mit uns den weiteren Aufbau der Uni leisten. Zum zweiten muß – weltweit – das Kursangebot daraufhin überprüft werden, wo Schneisen sind für zukunftsgerichtete Studienangebote. Es hat ja keinen Sinn, daß wir doppelte Angebote machen, die Sie woanders für null Mark einkaufen können. Zum Beispiel könnte es für Mediziner interessant sein, in die Informationstechnik einzusteigen...
Sie wollen Heinz Otto Peitgen holen?
Denken Sie doch nicht so bremisch. Ich schätze Hern Peitgen ungemein...
In der Kombination von Medizin und Informatik ist Bremen durch das MeVis-Institut von Herrn Peitgen ganz vorn...
Okay, es paßt. Aber zu den amerikanischen oder asiatischen Entwicklungen paßt es auch.
Macht es Sinn, bei einer Uni-Neugründung mit dem Graduierten-Kopf statt mit dem Erstsemester-Bauch anzufangen?
Das ist ein rein praktischer Vorgang. Wir beginnen mit Wissenschaftlern, die im Regelfall schon ihre Studenten mitbringen. In ein bis anderthalb Jahren nach dem Start sollen dann undergraduatecourses beginnen.
Raymond Wells, Mathematik-Professor an der Rice University: Auf die Dauer wollen wir ungefähr 1.200 Studenten haben in einer Mischung von rund 60 Prozent Nicht-Graduierten und 30 bis 40 Prozent Graduierten. Es wird vielleicht fünf Jahre dauern, bis wir die Zahl von 1.200 Studenten erreichen.
Wollen Sie gleich mit hochspezialisierten Labors anfangen?
Schaumann: Darüber denken wir nach, wenn da einer kommt, der eine ganz spezifische Laborsituation braucht. Mit Herrn Timm, dem Rektor der Bremer Universität kläre ich im Moment ab, inwieweit es möglich ist, unter bestimmten Bedingungen von ihm was zu mieten. Gegen wettbewerbsfähige Preise.
Und auf Kosten der Studenten an der Uni Bremen.
Nur dann, wenn Herr Timm leichtfertig handelt.
Wie muß ich mir das studentische Produkt der Bremer Privatuni denn vorstellen? Als einen universalgelehrten Ingenieur mit Kant-Kenntnissen?
Schaumann: Ich kann mir zumindest eine sehr profunde Kopplung von Ingenieurwissenschaften und Betriebswirtschaft vorstellen.
Wells: Der neueste Studiengang an der Rice-University heißt Bio-Engineering und wurde von Rice-Professoren für chemisches Ingenieurwesen und Biologen des American-Center entwickelt. Die arbeiten an der Frage, wie man als Ingenieur Körperteile konstruiert.
Schaumann: Möglicherweise ergibt sich auch aus der Kombination von Archäologie ingenieurwissenschaftlicher Analytik etwas völlig Neues als Studienangebot.
Auf der Ebene des Bachelor, selbst des Master kann ich mir das nur als Verschulung vorstellen.
Wells: Ich habe als Rice-Student zuerst ein Jahr Ingenieurwesen studiert, dann ein Jahr elektrisches Ingenieurwesen und Mathematik, dann ein Jahr Physik und Mathematik, dann ein Jahr Mathematik.
Als steter Studienabbrecher?
Nein, ich habe keine Zeit verloren. Und gleichzeitig auch noch Deutsch studiert. Russisch. Geschichte. Englische Literatur. Und so hat es jeder Student in Rice gemacht. Der Vorteil: Man hatte mehr gelernt und man kam ständig mit Studenten in Kontakt, die anderes als Mathematik lernten. Fragen: Christoph Dowe und Fritz v. Klinggräff
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