Olympischer Waffenstillstand in Salt Lake City

■ Utahs Gesetzgeber verbannen Schießgeräte aus den Wettkampfstätten der Winterspiele 2002

Berlin (taz) – Schlechte Nachrichten, lieber Olympiatourist! Wenn Sie bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City den Abfahrtslauf der Männer oder die Kür der Eistanzpaare erleben wollen, können sie ihre Smith & Wesson, ihre Winchester und ihre Bazooka leider nicht mitnehmen. Die Gesetzgeber des Staates Utah verabschiedeten am Dienstag eine entsprechende Verordnung, der am Ende zähneknirschend und waffenrasselnd sogar eingeschworene Vertreter der Knarrenlobby zustimmten. Gute Nachrichten gibt es für die Biathleten: Sie sind von dem Gesetz eindeutig ausgenommen und haben andererseits nicht zu befürchten, daß die Zuschauer zurückballern.

Ganz müssen Feuerwaffen- Liebhaber jedoch auch während der Spiele nicht auf ihre scharfgeladenen Schmuckstücke verzichten. Lediglich der bewaffnete Besuch olympischer Stätten ist untersagt. An den Eingängen werden Depots bereitgestellt, wo man – wie einst vor den Saloons berüchtigter Wildwest-Städte – die Waffen abgibt. Für jene, die ob ihrer temporären Hilflosigkeit Opfer eines Angriffs werden, ist ausdrücklich gesorgt. Der Staat Utah muß sie entschädigen, sofern sie beweisen können, daß ihre Verletzungen Resultat mangelnder Feuerkraft waren.

Utah ist eine Hochburg des Waffenkults in den USA und hat diesbezüglich die mildesten Gesetze. In 44 Prozent aller Haushalte gibt es Schießeisen, ermittelte 1996 das Gesundheitsamt (sic!). Entsprechend heftig sind die Reaktionen der „Gun-Activists“ auf Einschränkungsversuche. Ein Senator, der schärfere Gesetze verlangte, wurde derart heftig bedroht, daß er kurze Zeit später selbst um einen Waffenschein nachsuchte.

Gouverneur Mike Leavitt konnte jetzt zwar den Olympiabann durchsetzen, mußte jedoch zur Befriedung der Gewehrlobby schlucken, daß sein Waffenverbot in öffentlichen Räumen praktisch aufgehoben wurde. Außerdem scheiterte er mit dem Versuch, das Waffentragen in Schulen zu verbieten. Das wäre ja so, findet der Republikaner John Swallow, als würde man „ein Neonschild auf die Schulen setzen, welches Unruhestifter einlädt“. Die gehen nun bestimmt alle zum Abfahrtslauf. Matti Lieske