■ Der PDS-Streit zeigt eine als Regierungspartei überlastete SPD
: Die Sozialdemokraten lassen Dampf ab

Auf den ersten Blick scheint die Debatte um das Verhältnis von SPD zur PDS wie ein Medienhype. Wer die Äußerungen von SPD-Parteichef Oskar Lafontaine und seinem Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner vom Wochenende nüchtern betrachtet, muß feststellen, daß sie keinen Stoff für den plötzlichen Aufruhr hergäben. Schreiner sagte lediglich in bezug auf die Dresdner Erklärung von 1994, die Koalitionen zwischen SPD und PDS ausschließt: „Es wäre sinnvoller, die Beschlußlage an die Wirklichkeit anzupassen, als die Wirklichkeit an die Beschlußlage.“ Und Lafontaine meinte lediglich: „Das ist ein alter Hut.“ So ist es. Schließlich dürfte niemandem verborgen geblieben sein, daß SPD und PDS auf Landesebene bereits zwei Koalitionen gebildet haben.

Auch die Versuche, Differenzen zwischen Schröder und Lafontaine in ihrer Haltung gegenüber der PDS herbeizuschreiben, erscheinen absurd. In kaum einer anderen Frage sind die beiden derart einig. Auf Landesebene Zusammenarbeit – „ja“, auf Bundesebene – „nein“. Dennoch wäre es falsch, die Medien für die Debatte verantwortlich zu machen, wie es die SPD-Spitzenpolitiker einhellig tun. Schließlich sind es prominente SPD-Politiker wie die Ministerpräsidenten Kurt Beck und Gerhard Glogowski sowie zahlreiche Abgeordnete aus der Fraktion, die die Diskussion nähren. Dahinter verbirgt sich eine tiefe Unzufriedenheit der Partei mit dem Erscheinungsbild der SPD als Regierungspartei. Das Thema PDS ist ein willkommenes Vehikel, um den aufgestauten Unmut loszuwerden. Es geht vielen gar nicht so sehr um die Sache, sondern darum, daß wieder einmal eine Debatte losgetreten wurde, die auf Koordinierungsmängel schließen läßt.

Der Parteichef selbst hatte durch seine Kritik an der mangelhaften Koordination im Kanzleramt die Absolution für weitere Kritik erteilt. Wenn Lafontaine schon nicht mehr loyal ist, denken sich einige, brauchen wir es auch nicht zu sein – und schießen selbst gegen ihn. Vor der Bundestagswahl hatte er es noch fertiggebracht, die SPD auf einen einheitlichen Kurs zu trimmen. Damals schmiedete die SPD der vermeintliche Erfolgskurs zusammen. Insofern ist die aus dem Ruder gelaufene Debatte über die PDS auch ein Symptom dafür, daß die SPD als Regierungspartei zur Zeit überfordert ist. Wie auch Lafontaine durch seine Doppelrolle als Parteichef und Finanzminister. Wenn schon Aussagen, die in der Sache durchaus vernünftig sind, zu Krisen führen, ist was faul bei den Sozialdemokraten. Markus Franz