„In Schwaben zählt die Leistung“

■ Guido Buchwald über technische Kabinettstückchen, den FC St. Pauli und sein Verhältnis zu anderen Landsmannschaften

Anstrengende Tage für die braun-weißen Kicker: Gestern abend trug der FC St. Pauli sein Nachholspiel beim Aufstiegsaspiranten TeBe Berlin aus (bei Redaktionsschluß noch nicht beendet), am Sonntag um 15 Uhr kommt mit dem Karlsruher SC ein Absteiger zu Besuch ans Millerntor. Im Team der Badener steht immerhin ein Weltmeister des Jahres 1990. Die taz führte ein Interview mit Guido das Hirn Buchwald, der den Übersteiger genauso perfekt beherrscht wie seinerzeit Klaus Ottens.

taz hamburg: Einen Weltmeister hatten wir schon lange nicht mehr am Millerntor.

Guido Buchwald: Daß ich noch mal mit dem KSC bei St. Pauli auflaufen würde, hätte ich mir vor einigen Monaten wirklich nicht vorstellen können.

Daß der FC St. Pauli so weit hinten in der Tabelle stehen würde, wahrscheinlich auch nicht.

Das ist schon unverständlich. St. Pauli hat eine sehr gute Vorsaison gespielt, im Kader hat sich wenig verändert. Aber oft sind im Fußball Kleinigkeiten entscheidend.

Beim KSC läuft es wieder besser, seit auf Kampf und Disziplin gebaut wird. Zu Lasten eines technisch guten Fußballs und Ihrer berühmten Übersteiger?

Ach was. Auch in der Zweiten Liga kann ich mal einen Übersteiger einbauen. Außerdem sollte man Technik im Fußball nicht darauf reduzieren, ob man den Ball 100.000 oder 200.000 Mal in der Luft halten kann. Auch ein Tackling ist eine Frage von Technik. Das ist nicht die entscheidende Frage im Fußball.

Was dann?

Man muß variieren können. Als Libero muß ich vor und hinter der Abwehr spielen können, flexibel, wie es die Situation verlangt. Nehmen Sie den Sportclub Freiburg mit seinem Kurzpaßspiel. Die spielen immer dasselbe Tempo. Auch wenn es nett aussieht und modern sein soll: Es ist leicht auszurechnen.

Gut, daß der KSC Sie hat. Sie gelten als unersetzlich.

Eine Mannschaft braucht Spieler, die mal laut werden und sich dem Spielfluß des Gegners entgegenstemmen. Es ist schlimm, wenn ein Team sich aufgibt und sagt: Heute geht es nicht. Laute Typen haben wir zuwenig.

Trotzdem wollen Sie ab dem Sommer nur noch Team-Manager sein.

Ich bin völlig auf den Aufstieg ausgerichtet. Danach ist Schluß. Wenn wir keine Chance mehr haben, aufzusteigen, höre ich sofort auf, zu spielen. Dann ist es doch egal, ob wir Fünfter oder Zehnter werden.

Sie wollen längerfristig in Karlsruhe arbeiten. Wie schafft es der Schwabe Buchwald, in Baden glücklich zu sein?

Es ist eine Charaktersache, ob man akzeptiert wird. Auch in Baden und in Schwaben zählt die Leistung mehr als bestechende Vorurteile.

Sie haben auch über drei Jahre in Japan gearbeitet.

Vom Ehrgeiz und von der Verbissenheit her sind die Japaner mit den Schwaben vergleichbar. Beide sind nicht sonderlich gelassen. Wie positiv Japaner aber mit Ausländern umgehen, hat mir schwer zu denken gegeben. Die Deutschen sind da viel konservativer.

Interview: Rainer Schäfer