■ Urdrüs wahre Kolumne
: Zigarren im Arsch

Auch ein Krankenhaus ist im Grunde genommen nichts anderes als ein Modell der großen bösen Welt vor seinen Pforten. Entsprechend repräsentativ fürs ganz gemeine Volksempfinden daher wohl auch die gestern beobachtete Zusammenrottung von fünf der sechs Ballonseidenanzugsträger vor dem defekten Zigarettenautomaten in der Süchtel-Zone des Foyes: Das Gerät will weder Tabakwaren ausspucken noch Silbermünzen zurückgeben, und so empört sich der selbsternannte Sprecher der Umstehenden: „Mit uns können se's ja machen, die hohen Herrschaften. Diäten für die Politiker und für uns nicht mal Kippen ...“ Und ein Herr in Himmelblau setzt noch einen obendrauf: „Tja, dem Schröder, dem würdense auch im Krankenhaus die dicken Zigarren in den Arsch schieben, auf unsere Kosten natürlich!“ Wohin auch sonst?

Nostalgischen Ballast aus romantischer Frühzeit haben die Bremer Grünen bei der Aufstellung ihrer KandidatInnenliste abgeworfen und sich konsequent vom Menschenrechtsheini Arendt Hindriksen und dem einstigen Weidedamm-Besetzer Klaus Möhle befreit. Ziemlich ökologisch, relativ gewaltfrei und sogar mit einem Hauch von Basisdemokratie. Nach dem der rotgrüne Kanzler ein Kanzler aller Autos ist, hat auch Topmodel Helga Trüpel „ihre Hausaufgaben gemacht“ und den kollektiven Antrag ihrer Riege auf Mitgliederschaft im ADAC gestellt – mit herzigen Versprechen, „Mobilitätswünsche vor der Wahl am 6. Juni nicht weiter zu diskreditieren“. Wie kann Radel-Henning da noch dem Bonner Druck auf Koalitionswechsel widerstehen?

Ob Ludwig Hettling nun für die AfB die Bürgerschaftsbank drückt oder zur SPD zurücckehrt: Sein original Mösenbart-Modell „Volksfürsorge“ weist ihn nachhaltig als sozialdemokratisches Urgestein aus. Und als wachsame Bulldogge der alten Hafen-Mafia wird er auch künftig jeden niederbeißen, der an der fixen Idee vom Containerterminal IV zu zweifeln wagt, „damit die Erfolgsstory des Containerterminals ungehindert weitergehen kann!“ Irgendwann, wenn Uwe Beckmeyer mal auf Nimmerwiedersehen ins Hafenbecken plumpst und Hettling nach Überprüfung seines Alibis doch noch Senator für Tretboote wird, irgendwann dann wird man auch auf diesen dumpfen Backen ein Leuchten von jenem Zauber sehen, der auch die Gesichtszüge von Schröder verklärte, als er am Wahlabend die ersten Hochrechnungen hörte: schieres Glück, ganz und gar. Bis dahin aber muß noch viel Butter bei die Fische und was der implantierte Sprachchip aus der Klischee-Manufaktur von sich gibt, wenn das Programm „volksnah-hanseatisch“ eingegeben wurde.

Stell dir vor, es ist Bürgerpark Tombola und keiner spielt mit! Mein traditioneller Boy-kottaufruf gegen das plärrende Bretterbuden-Spektakel scheint in diesem Jahr offenbar Früchte zu tragen, wenn ich meinem Informanten am Hospitalbett glauben darf. Berichtete dieser doch vom öffentlichen Klageruf einer anonymen Lautsprecherstimme im sogenannten „Glücksdorf“: „Ja verdammt noch mal, will denn niemand mehr in dieser Stadt ans Glück glauben und Lose kaufen?“ Vielleicht liegt es ja auch daran, daß wir kleinen Butterfahrer keine Gutscheine mehr für den Ostsee-Einkaufstörn gewinnen können. Aber solche Zusammenhänge interessieren die da oben ja sowieso nicht!

Die Staatsanwaltschaft hat also das Verfahren wegen Tierquälerei gegen den universitären Affenschinder Andy Kreiter eingestellt, weil seine Fummeleien nicht den Tod der Tiere zum Ziel hätten und er kein Leid „aus Rohheit“ zufüge. Interessant wird sein, was die landesüblichen Totschläger aus dieser Argumentation für ihre künftige Verteidigungstrategie lernen werden. Die Gorilla-Guerilla aber wird dieser Justizskandal nicht davon abhalten, substantielle Eigenbeträge für den Diskurs mit den Experimental-Fuzzis zu leisten. Vermutet voller Zuversicht

Ulrich „Affenliebe“ Reineking