Das Portrait
: Der neue Kopf der Kosovo-Albaner

■ Hashim Thaqi

Vor wenigen Wochen war er noch ein Unbekannter, heute ist er die wichtigste Persönlichkeit der Kosovo-Albaner: Hashim Thaqi, erst 29 Jahre alt, ist vom Generalstab der UÇK zum Premierminister der Kosovo-Albaner bestimmt worden.

Noch steht die Regierung nicht, denn die Nationalversammlung, auf der sie gewählt werden soll, mußte wegen der schwierigen Lage vor Ort entfallen. In der somit nicht repräsentativen neuen Regierung sollen nach dem Willen der UÇK jeweils fünf Mitglieder der Partei des bisherigen Präsidenten Ibrahim Rugova, LDK, der Befreiungsarmee UÇK und der Vereinigten Demokratischen Partei LBD von Rexhep Qosja vertreten sein.

Hashim Thaqi, der Verhandlungsleiter der kosovo- albanischen Delegation von Rambouillet, ist zu einem Führer aufgestiegen, der sich nicht nur in den eigenen Reihen Respekt verschafft hat. Er habe schon immer seine Ziele verfolgt, auch wenn er mit seinen Positionen alleine stand, erzählen Insider über den Mann, der Ende der achtziger Jahre einer der Studentenführer im Kosovo war.

1993 als Mitglied der Volksbewegung des Kosovo (LPK) in den Untergrund abgetaucht, mußte er 1994 in der Schweiz um Asyl nachsuchen. An der Universität von Zürich studierte er internationales Recht. Vom serbischen Staat wurde er 1997 in Abwesenheit zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt und wird deswegen jetzt von der serbischen Polizei steckbrieflich gesucht.

Tahqi gehörte zu den Gründern der UÇK und war seit 1993 im Generalstab tätig. Auch in Zürich verlor er den Kontakt zum Kosovo nicht. Der aus der Region Drenica stammende Thaqi – er wurde in Skenderaj geboren – kehrte im Januar 1998 in den Kosovo zurück.

Seinen Decknamen „Schlange“ hat er von Freunden. Sie schätzen seine Intelligenz und sein politisches Denken. Obwohl noch jung, gehört er mit seinem zehnjährigen Engagement zu den politisch Erfahrendsten bei der UÇK. Kritiker halten ihn aber für ehrgeizig und machtbesessen. Thaqi will jetzt seine Strategie durchsetzen. Die besteht darin, die UÇK auch zur politischen Führung der Kosovo-Albaner zu machen. In Rambouillet zeigte sich, daß Thaqi weiß, daß die UÇK als Militärorganisation Federn lassen muß, will sie das Abkommen unterschreiben. Über ihren Status wird er bei seiner Reise in die USA verhandeln. Erich Rathfelder