Von Genitalbiestern und Busenbergen

■ „Eine Geschichte für Franzi“ – eine melodramatische Liebesgeschichte

„Eine Geschichte für Franzi“ ist ein breit angelegter Fortsetzungsroman, der, so PMS, „die Milleniumsgrenze mit Sicherheit überschreiten“ wird. Die ersten Teile erschienen in derHamburger Frauenzeitung (Teil I, HFZ 50/1996, Teile II + III, HFZ 51/1997), der vierte Teil erscheint hier, heute und exklusiv in der taz hamburg. Eine fünfte Folge liegt bereits in der Schublade und wird einleiten in das, was „Eine Geschichte für Franzi“ tatsächlich ist: ein „feministischer Lesben-Politikrimi“.

Was bisher geschah: Antje sitzt in einer Dorfpension fest, nachdem sie mit dem Auto liegengeblieben ist. Das macht ihr aber nichts aus, denn sie träumt jetzt von Rosa. Rosa kam als ballonseidener, Badelatschen tragender Engel auf dem Trecker vorbei, und Antje war rettungslos verliebt. Antjes WG in Hamburg besteht aus der etwas spirimäßigen und leider auch pyromanischen Corinna, über die Beate, selber quasi mitten im Leben, sich ihren Teil denkt. Beate liebt Antje, und morgen fährt sie nach Köln, um das gewonnene Treffen mit einer von der Lindenstraße wahrzunehmen, nein – vor allem wird sie hinfahren, um sich von ihrer WG keine Hemmungen nachsagen lassen zu müssen. Beates einzige Leidenschaft ist ihr Mikrophon. Sie sammelt Geräusche.

„Oh Göttin, ist das eine verdammte Scheiße!“ stöhnt Corinna. „Beate, was soll ich nur machen – ist noch Lindenblütentee da? – Ich muß unbedingt wieder auf die Beine kommen. Wo sind denn meine Schwämmchen? Beate, hast du meine Schwämmchen gesehen? Ich brauche unbedingt sofort meine Schwämmchen! Ach, wie das blutet, scheiße, alles vollgesifft ...!“

Corinna sitzt auf dem Klo fest und menstruiert. „Ich denke, du lernst jetzt dein Busenbergpotential kennen“, flötet Beate. „Vielleicht kannst du ja mal fragen, ob die auch was über Gebärmutterkonflikte wissen.“ Corinna ist zwar genervt, aber auch verzweifelt. „Kannst du nicht mal dein Mikro ranhalten? Vielleicht kann man ja was hören ...“, jammert sie. Beate ist pikiert. Soll sie ihre Leidenschaft, ihre tiefe Sehnsucht nach Erkenntnis des Inneren des Wesens der Dinge esoterisch mißbrauchen lassen? Womöglich will Corinna mit ihrer Gebärmutter sprechen, um ihre Beziehung zu klären!

„Sie kann ja ihr inneres Feuer ein bißchen anfackeln“, denkt Beate, während sie nicht ganz unentschlossen mit dem Mikrophon in der Hand Richtung Klo geht. „Wie Häschen in der Grube“, denkt sie, als sie Corinna mit heruntergelassener Hose auf dem Klo sitzen sieht, an das sie ganz ohne Zweifel gefesselt ist. Der Anblick gibt Beate ein spontanes Gefühl von Macht, das sie auszunutzen versucht ist. Corinnas Schwämmchen hat sie ganz oben in den Badezimmerschrank gesteckt. Sie findet die kleinen Genitalbiester zu intim, als daß sie sie ständig zwischen den Zahnbürsten liegen haben will. Die Schwämmchen erinnern Beate an kleine Tiere. Kleine Tiere, die Corinna bewohnen und sich von ihrem Blut ernähren. Zur Strafe werden sie später unter kaltem Wasser erwürgt. Sie spitzt die Lippen und schließt den Badezimmerschrank wieder, den sie schon geöffnet hatte, um eines der Tierchen herauszunehmen und es Corinna zu reichen. Sie will die Situation noch ein wenig auskosten und macht sich in aller Seelenruhe daran, die Aufnahme von Corinnas Gebärmutter vorzubereiten.

Corinna sieht Beate gequält an, sagt aber nichts. Nachdem sie Mikrophon und Tierchen an ihren Platz getan haben und es Corinna, nach drei Bechern Lindenblütentee, zwei Tellern Spaghetti al Pesto – Basilikum macht glücklich – und einem wohlwollend geschenkten Glas Schnaps, das Blut von der Körpermitte wieder in den Kopf und sonstige Außenbezirke treibt, überlegen sie, was sie mit dem angefangenen Abend tun sollen. Im Kino läuft nichts, zu Hause wollen sie nicht bleiben. „Wir sollten etwas Gutes tun heute abend, so als Abschiedsfest, bevor ich nach Köln fahre und du zu den Busenbergen gehst“, schlägt Beate vor. „In der Frauenkneipe ist Tanz. Laß uns da hingehen“, sagt Corinna. „Was, ja klar, gute Idee. Hätte ich gar nicht gedacht, daß du da hinwillst, und daß du die Termine so gut kennst. Warte, ich wechsel eben den Gürtel.“

Beate ist einverstanden. Sie wundert sich etwas über diesen Vorschlag aus Corinnas Mund. In der Frauenkneipe gibt es sicher keinen Lindenblütentee. Aber um so besser. Sie werden sich also auf jeden Fall heute abend amüsieren. Während sie versucht, den zu breiten Gürtel durch die Schlaufen am Bund ihrer Jeans zu zwingen, denkt sie an Antje. Ach Antje ... Sie empfindet eine unbestimmte Lust, und bei dem Gedanken an den delikaten Abend, der sie erwartet, zerrt sie noch etwas stärker an ihrem Gürtel, der, nach einem kurzen Krachen, auch endlich durch die Schlaufe paßt.

Autorinnenkollektiv der autonomen Frauengruppe PMS