Auf den Schildern soll weiter „Reichstag“ stehen

■ Bausenator Klemann lehnt Beschluß des Ältestenrates ab, Straßenschilder und Haltestellen mit „Deutscher Bundestag“ auszuweisen: Schilder nur mit Genehmigung des Landes Berlin

In der Frage, wie künftig der Sitz des Deutschen Bundestages im Reichstag genannt werden soll, bahnt sich ein Streit zwischen dem Senat und dem Bund an. Während der Ältestenrat des Bundestages am Donnerstag vergangener Woche sich darauf einigte, die Anschrift, Straßenschilder und Haltestellen mit „Deutscher Bundestag“ auszuweisen, will das Land auf den Wegweisern zum Parlamentsgebäude auch weiterhin den Namen „Reichstag“ stehenlassen. Lediglich als Zusatz soll der Hinweis „Sitz des Deutschen Bundestages“ erscheinen. In der kommenden Woche ist vom Ältestenrat vorgesehen, endgültig die Bezeichnung des Gebäudes festzulegen.

Nach Ansicht von Berlins Bau- und Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) kann die Umbenennung der Straßenschilder nicht ohne die Zustimmung des Landes vonstatten gehen. Klemanns Sprecherin Petra Reetz erklärte, der Bundestag könne auf öffentlichem Straßenland ohne Genehmigung des Landes Berlin keine Schilder aufstellen. Die Bauverwaltung verlange deshalb „eine Abstimmung mit dem Land und den Bezirken“.

Darüber hinaus, so Reetz, sollen im Gegensatz zum Beschluß des Ältestenratgremiums nach dem Willen Berlins die Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel am Parlamentsgebäude weiter „Reichstag“ heißen. Sie könnten jedoch durch einen Hinweis auf den Deutschen Bundestag ergänzt werden. Die Sprecherin erinnerte daran, daß der Bund nur auf „eigenem Territorium“ seine Schilder aufstellen dürfe.

Im Konflikt um die Namensgebung für den Parlamentssitz erhalten die hiesigen „Reichstag“-Befürworter promintente Unterstützung. So wandte sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gegen eine Umbenennung von Reichstag in Bundestag oder Plenargebäude – wie jüngst Bundestagspräsident Wolfgang Thierse vorgeschlagen hatte. Ebenfalls gegen eine Umtaufe hat sich Bundesbauminister Franz Müntefering (SPD) ausgesprochen. „Das ist der Reichstag, und das bleibt der Reichstag im Bewußtsein der Menschen“, erklärte er in einem Interview mit der Magdeburger Volksstimme.

Wer immer versuche, dem Reichstag einen neuen Namen zu geben, könne dabei nicht gewinnen, sagte der Minister. „Der Bundestag wird im Reichstag tagen. Damit habe ich überhaupt keine Probleme. Der Versuch, ihn umzubenennen, wäre verschüttete Milch.“ Müntefering äußerte sich zuversichtlich, daß die Regierung Anfang September in Berlin sein wird. „Bekanntlich hängen wir mit einigen Ministerien zurück. Die Arbeitsfähigkeit wird dennoch planmäßig gewährleistet sein.“

Während die Union und die FDP die alte Bezeichnung „Reichstag“ beibehalten wollen, favorisiert die SPD-Fraktion den Namen „Plenargebäde“. SPD- Fraktionschef Peter Struck bekräftigte gestern, es müsse klar sein, daß das Parlament weiter Deutscher Bundestag heiße. Jedoch müsse man akzeptieren, daß viele Berliner und andere Bundesbürger weiter beim Begriff Reichstag blieben. Auch das Wasserwerk in Bonn sei in der Zeit, als das Parlament dort getagt habe, nicht Bundestag genannt worden. Im Ältestenrat des Bundestages müsse daher noch darüber gesprochen werden, wie beides miteinander kombiniert werden könne. Er persönlich sei für die Bezeichung „Deutscher Bundestag Plenargebäude“. Rolf Lautenschläger