Spiel der Alternativen

■ Bürger-Alternativen zum Einkaufszentrum „Haven Höövt“ / Klappt der Parlamentsbeschluß für das geplante Projekt in Vegesack noch vor den Wahlen?

Die Vegesacker Bürgeraktivisten geben sich nicht so einfach geschlagen: Nach diversen Alternativforen und Protesten gegen das geplante Einkaufszentrum „Haven Höövt“ engagierten sie jetzt sogar ein Architektenbüro aus Berlin – um weitere Alternativen aufzuzeigen. „Wir versuchen eben alles“, erklärt Helmut Gehle vom „Ar-beitskreis Haven Höövt“: Obwohl Investor Frank Albrecht das Wassergrundstück schon lange gekauft und beplant hat, protestiert die Bürgerinitiative unerbittlich weiter.

Schon im Dezember hatte der Arbeitskreis die Architekten Thomas Klumpp und Gerhard Müller-Menckens zur Präsentation alternativer Modelle eingeladen. Starker Protest gärt nämlich gegen das vom Investor geplante 100 Meter lange und zehn Meter hohe Einkaufszentrum samt Disco, Kino sowie Parkdecks für 1.200 Autos auf der als „Sahnegrundstück“ gepriesenen Fläche am Vegesacker Hafen. „Hier wird etwas geplant, was keiner will“, lautete der Schlachtruf, der durch Vegesack geisterte.

Die damals präsentierten Alternativmodelle seien bloß ein „erster Anstoß“ gewesen, erklärte gestern Helmut Gehle von der Bürgerinitiative. Nun wolle man in einer zweiten Runde möglichst vielen VegesackerInnen deutlich machen, „daß in Vegesack auch etwas anderes möglich ist.“ Dazu hat das Berliner Architektenbüro „Moesges & Aumann“ jetzt eine „städtebauliche Studie“ erarbeitet. Fast 200 Vegesacker kamen vergangene Woche zur Präsentation der Alternativen, die Architekt Sven Aumann als gebürtiger Bremen-Norder kostenlos vorgelegt hatte.

Kein fester moderner, gläserner Einkaufszentrumsriegel sondern vor allem kleinteiliges Wohnen mit Blick zum Wasser – das sehen die neuen Pläne vor. Einzelhandel und Gastronomie planen die Berliner nur noch auf 17 Prozent der gesamten Nutzfläche von über 30.000 Quadratmetern ein. Ziel sei es, den „historisch-maritimen Charakter des Ortes zu bewahren“ und deshalb auf der „ortsspezifischen Kleinteiligkeit“ zu beharren – genau diese Kritierien hatten die „Haven Höövt“-Gegner bereits wiederholt selbst in die Diskussion eingebracht.

Aber diese Kritik stößt beim Stadtentwicklungsssenator Bernt Schulte (CDU) weiter auf taube Ohren: „Die Vegesacker sind viel zu spät“, sagt Bauressort-Sprecher Thomas Wedrich zu den neuen Plänen. Tatsächlich hat Investor Albrecht das Grundstück längst gekauft und will über 150 Millionen Mark investieren. Da könne man ihm schlecht etwas konkretes vorschreiben. Der politische Beschluß zum Projekt sei außerdem im Grunde längst festgeklopft. Jetzt müsse im Mai nur noch das Parlament dem eigentlichen Bebauungsplan zustimmen.

Doch noch liegen die Pläne im Rahmen der Bürgerbeteiligung im Vegesacker Bauaumt. Bis zum 1. April können BürgerInnen jetzt noch ihre Einwände zum Projekt einreichen – und zum Beispiel über zuviel Verkehr oder Lärm vor der eigenen Haustür klagen. „Da könnte sich eventuell noch etwas bei der Straßenführung ändern oder bei den Lärmschutzauflagen. Aber der grobe Plan steht“, wehrt Bauressort-Sprecher Thomas Wedrich mögliche Veränderungen ab. Außerdem hätten auch viele Veranstaltungen in Vegesack gezeigt, „daß dort auch viele Leute dafür sind“. Wenn da jetzt doch Bürgern generell etwas nicht passe, müsse man eben abwägen und sagen: „Was hier in Vegesack geplant wird, ist dir zuzumuten, das haben tausend andere auch schon vor der Nase.“

Aber gerade diese Alternativenlosigkeit bringt die Vegesacker mächtig auf die Palme: Volkes Wille würde gar nicht beachtet. Schon über 7.000 VegesackerInnen hätten einen Protestantrag für eine Denkpause zur Haven-Höövt-Planung unterschrieben. Weil die Politik darauf nicht reagiert, müsse man jetzt eben selber die Alternativplanung in die Hand nehmen, meint Helmut Gehle vom ,“Arbeitskreis Haven Höövt“ – und die VegesackerInnen ermuntern, aufgrund der vorgelegten Alternativen möglichst viele Einwände einzureichen. Und das sollten sie auch tun, wenn sie mit der kompletten jetzigen Investorenplanung schlichtweg nicht einverstanden seien. „Das heißt doch Stadtentwicklung“, sagte dazu kurz und knapp Helmut Gehle.

Entschieden sei außerdem noch gar nichts, wehrt er die Argumente vom längst besiegelten Grundstücksverkauf ab. Man setze trotzdem auf Zeit. Schließlich müßten die Ämter jetzt erstmal alle Bürgereinwände abarbeiten, und der danach überarbeitete Bebauungsplan müsse auch noch zur Abstimmung in die Baudeputation, bevor das Parlament ihn schließlich absegnen könne. Da werde es bis zum anvisierten Mai noch knapp. „Und im Juni sind doch schon Wahlen.“

Katja Ubben