New: Beetle ohne Worte

■ Retro und Kult soll der neue Käfer sein: Deshalb pries VW seinen Lifestyle-Zweitwagen jugendlich an – und ließ dabei die Sorgfalt fahren

„Du hast deine Seele in den Achtzigern verscheuert? Jetzt hast du die Chance, sie zurückzukaufen.“ lockte VW die Ex-Hippies und Alt-Achtundsechziger in den USA. Hierzulande war die Botschaft noch jugendwahnsinniger: „Love Parade“. – Auf strahlendem Weiß war sie plakatiert, darunter rote und grüne New Beetles, jene blumenvasenbestückten Lifestyle- Zweitwagen, die jetzt den VW Käfer beerben sollen. Knapp 6.000mal pappte der Wolfsburger Volksmotorisierer den Wagen für die Eltern der Techno-Generation in die Gegend.

Die Rache der Raver folgte auf den Fuß: „Wir waren nicht einverstanden, daß der Name ohne unser Wissen benutzt worden ist“, erklärt Ralf Regitz für die Love Parade Berlin GmbH. „Darum haben wir eine einstweilige Verfügung erwirkt.“ Die Firma aus der Berliner Club-Szene zeichnet für den alljährlichen Massen-Rave im Tiergarten verantwortlich, dessen Namen sie trägt, und der ihr eingetragenes Markenzeichen ist. „Die Love Parade tritt für Offenheit, Toleranz und Verständigung ein. Wir mögen es nicht, wenn sie für Werbung mißbraucht wird.“ Doch vielleicht waren die Paradisten auch nur sauer, weil VW erst gar nicht angeboten hatte, für die Verwendung des geschützten Markenzeichens „Love Parade“ etwas zu bezahlen.

Volkswagen will sich dazu nicht äußern. Aber weil man für einmal geklebte Plakate keine Rückrufaktion starten kann, wurde eilig retuschiert: Alle 5.924 Love-Parade- Plakate in Deutschland wurden zu Werbung ohne Worte. Der Spruch des Anstoßes verschwand unter einem weißen Streifen Papier, übrig blieben nur die Retro-Renner zu je 35.000 Mark.

„Ich finde die New Beetles sehr schön.“ beteuert Ralf Regitz. „Aber sie passen nicht zu jungen Leuten, weil sie zu teuer sind.“ Inzwischen klebt VW über viele Beetle-Plakate Werbung für den Golf-Cabrio, auch ein Kompaktklasseflitzer, der jung beworben wird, ohne für die Generation Spaß erschwinglich zu sein.

Zumindest ist auf diese Weise endlich Schluß mit den möglichen Imageschäden für die Berliner Raver; barg das Paraden-Plakat doch geradezu negative Vorbild-Symbolik: In Reih und Glied fuhren die Comeback-Käfer hintereinander her. Von rechts nach links, rot und grün lackiert, wie eine Konsens- Karawane des Auto-Kanzlers, seines Markenzeichens New-Beetle- Vorstandsmitglied und Lange-her- Achtundsechziger.

Eigentlich schön, daß VW gar nicht erst versucht hat, den Jungs von der Love Parade ihre Seelen abzukaufen. Dann müssen sie die auch in zwanzig Jahren nicht mit dem Käfer 3000 zurückkaufen. Stefan Schmitt