Garchinger Bürger stimmen gegen Reaktor

■ Die Auswirkungen des knappen Entscheids beim Bürgerbegehren sind noch nicht klar, die Betreiber wollen weiter bauen. Die Gegner des Reaktors setzen nun auf die Bundesregierung

Garching (dpa/taz) – Der umstrittene Forschungsreaktor FRM II im bayerischen Garching kann möglicherweise doch noch verhindert werden. Bei einem Bürgerentscheid am Sonntag stimmten 2.104 Garchinger dafür, daß die Stadt alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen soll, um den Reaktor zu verhindern, 2.059 Bürger waren dagegen. Bei einer Wahlbeteiligung von 42,3 Prozent entspricht das Ergebnis einem Verhältnis von 50,4 zu 49,5 Prozent. Damit ist die Stadt verpflichtet, Klage gegen die dritte Teilgenehmigung für den Bau des Reaktors einzureichen.

Zwar erklärte Wolfgang Herrmann, Präsident der Technischen Universität München, die den FRM II betreiben will, sofort nach Bekanntgabe des Ergebnisses, das knappe Votum könne die Fertigstellung der Neutronenquelle nicht verhindern. Und SPD-Bürgermeister und Reaktorbefürworter Helmut Karl sagte, er wisse gar nicht, wie die Klage zu begründen sei. Trotzdem herrschte bei den Reaktorgegnern, die sich über den Ausgang des Begehrens zuvor keineswegs sicher gewesen waren, erst einmal Jubel.

Eine Sprecherin des Vereins „Bürger gegen den Atomreaktor Garching“ erklärte, das Ergebnis des Bürgerentscheids zeige deutlich, daß der Reaktor „gegen den Willen der Mehrheit durchgeboxt“ werden soll. Die Stadt Garching muß nun für den Reaktor einen Bebauungsplan aufstellen und eine „Veränderungssperre“ für das Gelände erlassen.

Um den Bau des FRM II in der bisher geplanten Form tatsächlich zu verhindern, hoffen die Gegner aber vor allem auf die politische Unterstützung der Bundesregierung, die gegenwärtig von einer Expertengruppe prüfen läßt, ob die Anlage von der Nutzung hoch angereicherten waffentauglichen Urans auf niedrig angereichertes umgestellt werden kann. Und wenn die bayerische Staatsregierung die dritte Teilgenehmigung für den FRM II trotz der Klage erteilt, könne das Bundesumweltministerium immer noch von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen, hieß es.

Die Reaktorgegner hatten zwei Jahre gebraucht, um das Bürgerbegehren durchzusetzen, noch einmal vier Monate hatte es bis zur Durchführung gedauert. In der Zwischenzeit hatte Bayern, das sich einen Spitzenplatz in der Neutronenforschung erhofft, bereits die ersten beiden Teilgenehmigungen erteilt, der Bau ist schon relativ weit fortgeschritten. Die 810 Millionen Mark teure Anlage soll im Jahr 2001 in Betrieb gehen und das veraltete Garchinger „Atom-Ei“ aus dem Jahr 1957 ersetzen. bw