In Berlin sollen alle Hunde an die Leine

■ Zum Schutz gegen gefährliche Vierbeiner neue Verordnung geplant

Berlin ist auf die Leine gekommen. In der Großen Koalition zwischen SPD und CDU der Hauptstadt besteht Einigkeit: Bald sollen nur noch angeleinte Hunde auf die Straße dürfen – und das in einer Stadt, in der sich nach Experten- Ansicht mindestens 130.000 Hunde tummeln.

Der Schritt ist zumindest mutig, denn die Metropole an der Spree hat wahrscheinlich die höchste Vierbeiner-Quote von allen deutschen Großstädten (das ist unklar, weil die Dunkelziffer, wie viele Hunde es in Berlin überhaupt gibt, sehr hoch ist). „Die Stadt ist dermaßen hundeverrückt“, erklärt die SPD-Stadtverordnete Heidemarie Fischer: Selbst die schon vor dem Krieg zur Eindämmung der Hundemassen eingeführte Hundesteuer habe den Drang der Berliner zum Vierbeiner nicht aufhalten können. Die Menge allein der sogenannten Kampfhunde steigt, auch wenn niemand genau sagen kann, wie viele es hier gibt.

Um sie aber geht es in erster Linie. Eine vor vier Monaten eingeführte Hundeverordnung versuchte, die Gefahren durch diese Hunde zu beschränken, auch wenn es einen Glaubenskrieg über die Frage gibt, welche Rassen überhaupt dazu gehören. Man half sich unter anderem damit, daß die Hunde als gefährlich eingestuft wurden, die schon mal zugebissen hatten – aber dann war das Unheil ja schon geschehen. Deshalb wollten die oppositionellen Bündnisgrünen, mit signalisierter Zustimmung der SPD, im Abgeordnetenhaus eine Liste gefährlicher Hunde erstellen, einen Katalog, wie es ihn in Bayern schon gibt.

Das Problem war nur, daß SPD und Grüne zusammen keine Mehrheit im Stadtparlament haben. Deshalb einigten sich die Sozialdemokraten „schweren Herzens“, wie Heidemarie Fischer zugibt, mit ihrem konservativen Koalitionspartner auf den „generellen Leinenzwang“ – auch für Pudel und Dackel. Die CDU und die PDS haben sich nach Angaben Fischers gegen einen Katalog gefährlicher Hunde gesperrt – offenbar auch, da es in der CDU Hundehalter-Funktionäre und im Osten der Stadt viele Kampfhunde gebe, wie die SPD-Abgeordnete vermutet.

Es sollen auch eine Haftpflicht- Versicherung für Hundehalter geprüft und mehr Auslaufgebiete für die Hunde eingerichtet werden. Die Frage ist nur, ob diese Verordnung so gut umgesetzt wird wie die Hundekotverordnung, die seit 1987 besteht. Wie erfolgreich die ist, kann jeder erleben, der einmal Berliner Boden betreten hat. Philipp Gessler