Fast-Justizminister gibt auf

Der Rücktritt von Reinhard Rauball in Nordrhein-Westfalen schadet Ministerpräsident Clement. Die CDU frohlockt, und Clement will Justiz selbst verwalten  ■ Aus Düsseldorf Gisa Funck

Nur eine Woche nach seiner Ernennung ist der nordrhein-westfälische Justizminister Reinhard Rauball überraschend von seinem Amt zurückgetreten. Der wegen umstrittener Anlagengeschäfte in die Kritik geratene Dortmunder Notar und Rechtsanwalt begründete den Schritt am Dienstag in Düsseldorf mit einem drohenden Disziplinarverfahren vor der Notarkammer. Ministerpräsident Wolfgang Clement will das Amt nun kommissarisch selbst verwalten, bis ein Nachfolger gefunden ist. Die CDU warf dem Regierungschef Dilettantismus und unprofessionelles Vorgehen bei der Berufung des Ministers vor.

Erst kürzlich hatte Clement den ehemaligen Präsidenten von Borussia Dortmund und Staranwalt Reinhard Rauball zum Justizminister bestellt; er sollte morgen vereidigt werden. Was zunächst aussah wie eine glückliche Wahl Clements, die sowohl der grüne Koalitionspartner als auch die CDU begrüßte, entpuppte sich allerdings bald als Mißgriff. Denn die Verdachtsmomente um dubiose Aktiengeschäfte Rauballs, die dieser vor Jahren als Direktor der Firma Eurogas veranlaßt haben soll, häuften sich. Clement stellt sich zwar bei diesen Vorwürfen standhaft vor seinen alten Studienfreund Rauball. Doch wurde der „Bossi des Sports“ für den skandalgebeutelten Landesfürsten, der sich in diesen Tagen auch in punkto Geldveruntreuung bei der Oberhausener Filmfirma HDO verantworten muß, zunehmend zur Belastung. Nun mußte sich Clement mit „tiefem Bedauern und schweren Herzens“ von Rauball verabschieden.

Der Fast-Justizminister Rauball nannte einen Formalfehler als Grund für seinen Rücktritt. Er sei vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm am Dienstag darauf hingewiesen worden, daß er vergessen habe, sein Aufsichtsratsmandat als Direktor der Eurogas anzugeben. Das könne ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen, was zu einem „unhaltbaren Schwebezustand“ im Amt führen würde.

Sowohl Clement als auch Rauball bemühten sich, auf die dubiosen Aktiengeschäfte des Anwalts nicht mehr zu sprechen zu kommen. Die hätten, so der scheidende Minister, bei seinem Rücktrittsgesuch „überhaupt keine Rolle“ gespielt. Die CDU konnte ihre Freude über den erneuten Strauchler Clements kaum zurückhalten. Der Ministerpräsident habe durch sein „unreifes und trotziges Verhalten“ dem Land „schweren Schaden“ zugefügt, sagte der Fraktionsvorsitzende Laurenz Meyer, der die Entlassung Rauballs für eine „längst notwendige Konsequenz eines Skandals“ bezeichnete. Der gerade gewählte CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers ärgerte Clement: „Unter Johannes Rau wäre so etwas in Nordrhein- Westfalen nicht passiert.“ Mit Clement an der Spitze der Regierung rechnen sich Meyer und seine Parteifreunde nicht erst seit gestern gute Chancen bei der Landtagswahl im nächsten Jahr aus. Schließlich sei der Landesfürst dafür bekannt, „erst zu schießen und dann zu denken“, höhnte Meyer Richtung Ministerpräsident.