Weniger Gewalt in Hamburg

Polizeistatistik 1998: Kriminalität ist gesunken. Weniger Jugenddelikte, weniger Mord und Totschlag, Bahnhöfe sicherer  ■ Von Sven-Michael Veit

„Es gibt keinen Grund, die Gewalt in dieser Stadt zu dramatisieren“, behauptete gestern Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD). Und die Zahlen, die seine These stützen, legte er auch gleich auf den Tisch: Die Gesamtkriminalität in Hamburg ist im vorigen Jahr um 4,6 Prozent gesunken. Den größten Anteil daran haben Einbrüche und Diebstähle mit 55,4 Prozent, während die Gewalttaten lediglich 3,4 Prozent aller Straftaten ausmachen. So weist es die Polizeiliche Kriminalstatistik 1998 aus.

31 Seiten voller Statistiken, Tabellen und Grafiken (Auszüge siehe Tabelle unten) belegen „eine sehr positive Entwicklung“, so der Senator. Die Gewalttaten sind gegenüber 1997 um 5,9 Prozent zurückgegangen, die Raubdelikte um 13,6 Prozent, die Zahl der Tötungsdelikte liegt im Vergleich der vergangenen zehn Jahre „auf mittlerem Niveau“. Gestiegen ist jedoch die Zahl der Körperverletzungen um 5,3 Prozent.

Die vielleicht unerwarteteste Zahl relativiert das heißdiskutierte Phänomen Jugendkriminalität: Der Anteil der Straftäter unter 21 Jahren ist innerhalb eines Jahres um fast 37 Prozent gesunken. Ähnliches gilt für „den Tatort ÖPNV“: Die Zahl der Straftaten in Bahnhöfen sowie U- und S-Bahnen sank von 1997 aus 1998 um 14,2 Prozent (von 1984 auf 1702 Fälle).

Den starken Anstieg bei den Vergewaltigungen um 43,9 Prozent führt Wrocklage „auf das geänderte Anzeigeverhalten“ zurück. Frauen würden sich inzwischen eher trauen, Anzeige zu erstatten; letztlich würde dadurch die Dunkelziffer sinken. Auffällig ist zudem, daß zwei Drittel der Täter Verwandte, Bekannte oder Kollegen waren.

Die Aufklärungsquote aller Straftaten im Vorjahr war mit 47,5 Prozent die zweithöchste des Jahrzehnts. Dazu habe eine „erfolgreiche Polizeiarbeit“ beigetragen, glaubt Wrocklage, und meint damit vor allem das polizeiliche Anti-Raub-Konzept und verstärkte Sicherheitsmaßnahmen auf Bahnhöfen sowie in S- und U-Bahnen.

Das alles sei „insgesamt gesehen“ ein Beleg dafür, „daß die Polizei trotz angespannter Haushaltslage ihren Aufgaben gerecht werde“, so das Fazit des Senators. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sehen hingegen „keinen Grund zum Jubeln“, die CDU warf Wrocklage „unverhältnismäßigen Optimismus“ vor. Weitere Personaleinsparungen würden zu Defiziten bei der Sicherheit führen.

Wrocklage konterte, jedes Problem mit mehr Personal lösen zu wollen, sei „ein falsches Politikverständnis“. Die Ressourcen müßten intelligent eingesetzt werden, so daß ein optimales Ergebnis erzielt werde.