Abgeordnetenhaus wird nun mit Atomstrom versorgt

■ Grüne und Bewag kritisieren neuen Stromvertrag. Atomstrom halbiert die Energiekosten

Das Abgeordnetenhaus wird ab 1.April auch mit Atomstrom beliefert. Zugleich erhält das Parlament eine Solaranlage. Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) hat einen Vertrag mit dem baden-württembergischen Stromversorger ENBW abgeschlossen, der die Stromkosten von 390.000 Mark im Jahr halbieren wird. Die die ENBW erzeugt laut Geschäftsbericht von 1997 allerdings 51,7 Prozent ihres Stroms aus Atomkraft. Das Unternehmen betreibt das Atomkraftwerk Philippsburg und ist mehrheitlich am AKW Obrigheim beteiligt.

Bislang bezog das Abgeordnetenhaus den Strom aus dem Kraftwerk Mitte, das – wie 90 Prozent des Bewag-Stroms – die umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung einsetzt. Die ENBW ihrerseits hat dem Parlament vertraglich zugesichert, daß der Anteil des Stroms aus Wind, Wasser und Solaranlagen zunächst mindestens 12 Prozent betragen wird. Zum Ende der fünfjährigen Laufzeit soll der Anteil sogar mindestens 17 Prozent betragen. Die ENBW wird auf dem Parlamentsgebäude auf eigene Kosten eine Solaranlage installieren und betreiben.

Pikant ist allerdings, daß Haase mit dem Vertrag einen erst kürzlich gefaßten Parlamentsbeschluß konterkariert. Das Abgeordnetenhaus hatte am 25. Februar mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen beschlossen, daß sich der Senat für eine bundesweit noch stärkere Förderung der Kraft-Wärme- Kopplung einsetzen soll.

Der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Hartwig Berger, warf der ENBW Dumpingpreise vor. Das ENBW-Angebot, das um 40 Prozent unter dem Bewag-Preis liege, sei ein „Werbepreis, kein Marktpreis“. Denn die Strompreise in Baden-Württemberg lägen etwa auf dem gleichen Niveau wie in Berlin. Bewag-Sprecher Uwe Lemm warf Haase vor, er schaue nur auf den Preis, nicht auf die ökologische Komponente.

Die Bewag will nun prüfen, ob sie sich auf die Schutzklausel für Kraft-Wärme-Kopplung beruft und die Durchleitung des ENBW- Stroms blockiert. Ein ENBW-Vertreter zeigte sich hingegen optimistisch, daß es in Verhandlungen mit der Bewag gelingen wird, die Durchleitung des Stromes zu erzielen. Die Bewag prüft zudem, ob sie das Land Berlin wegen Vertragsbruchs verklagt, da die Versorgung des Parlamentsgebäudes im bis 2002 gültigen „Stadtvertrag“ vereinbart sei. win