Orden für Zeitungsgründer Batschagal

■ Letzte Nachrichten aus der äußersten Mongolei

Es war ein turbulentes Jahr in der Mongolei, das traditionell erst im Februar, dem „Weißen Monat“, zu Ende geht. Hier nur ein Blick in die letzten Zeitungen vor dem Jahreswechsel. Der Wecker (mit einer Auflage von 45.000 die größte mongolische Privatzeitung – von über 100) interviewte den Philologen, Journalisten und Gründer der Jugendzeitung Super: D. Batschagal. 1997 hospitierte er bei Bravo und in der taz. Dem Wecker erzählte er nun von seiner Jugendliebe Cornelia, die er 1972 als 14jähriger im internationalen Pionierlager am Werbellinsee kennengelernt hatte. Sie wohnte zuletzt in Falkensee und ist seit der Wende verschollen. Super

Die Zeitung Ein Tag in der Mongolei (Auflage 20.000) berichtete über Batschagals Super, die heuer fünf Jahre alt wurde. Damals hatte ihr Gründer noch gegen den stumpfsinnigen Wodka-Konsum der Jugendlichen polemisiert, heute sieht er sich bereits bestätigt: „Die jungen Leute trinken auch gerne Bier oder leichte Getränke und sitzen dabei gemütlich zusammen. Es gibt inzwischen viele neue Kneipen: ungarische, tschechische, koreanische, chinesische, deutsche und natürlich mongolische“. Seine Super (Auflage 10.000) bringt in der Nr. 14 eine farbige Doppelseite mit Titanic-Star Leonardo DiCaprio. An der Peace-Road von Ulan-Bator eröffnete gleichzeitig eine „Titanic-Bar“. In der Nr. 15. wird über seinen Contest „Super-Girl 98“ berichtet, der in der Disco „Top Ten“ stattfand: Die Teilnehmerinnen mußten u. a. Fragen zum Allgemeinwissen beantworten und neue Mode vorführen. Siegerin wurde die 12jährige Purewsüren.

Ihre Nr. 16 gestaltete die Redaktion zusammen mit der „Mongolian Designer Association“ – in Vorbereitung des „Model Contests 98“, zu der auch eine Body-Painting-Show gehörte. Siegerin wurde erwartungsgemäß das Topmodel Baysaan Rash (22 Jahre alt und 174 cm groß). Als ihre Hobbys gibt sie das Zusammensein mit ihrem Schoßhund und das Sammeln von Modeplakaten an.

Die Nr. 17 gestalteten einige Jungredakteure – ohne Batschagal, der sich nach der Super-5-Jahresfeier, an der über 1.000 Leute teilnahmen, erst einmal mit seiner Tochter Angara (14) in Berlin erholen wollte. Und das dann auch tat.

Die erste Super-Ausgabe im neuen Jahr überbrückte seine Abwesenheit sodann mit einem Interview zur persönlichen Lage. Auf seinen „Traum“ angesprochen, meinte Batschagal , er wünsche sich, „mehr Freizeit zu haben und öfter aufs Land zu fahren“, seine „Traumfrau“ müsse „selbständig und klug“ sein, zu seinen ständigen Utensilien würden „Uhr, Kuli und Handy“ gehören und besonders „stolz“ wäre er vor allem auf seine Tochter Angara.

Das politische Topereignis des Jahres war die Ermordung des Ministers für Infrastruktur, S. Zorig – einer der Führer der demokratischen Revolution von 1989. Die zwei Täter, die ihn am 2. Oktober 98 in seinem Haus niederstachen, sind noch immer nicht gefaßt. Seine Schwester, die Geologin S. Oyun, „throws now her hat in the ring“, vermeldet der „Mongol Messenger“. Dann wurde als neuer Premier der Nationaldemokrat J. Narantsatsralt vereidigt. Er traf sich inzwischen mit dem chinesischen Präsidenten. Umgekehrt besuchte der deutsche Bundespräsident Herzog die Mongolei.

In der Nr. 7 der Mongolischen Jugendzeitung (Auflage 3.000, Organ der mongolischen Jugendorganisation) interviewte der Herausgeber – ebenfalls D. Batschagal – zwei DAAD-Direktoren. Für sie ist die Mongolei ein besonderes Land – d. h., der DAAD fühlt sich dort besonders verpflichtet: Es gibt unter den 2,2 Millionen Mongolen 40.000 Deutschsprechende. In einem weiteren MJ-Artikel befaßt sich Batschagal mit den heutigen mongolischen Politikern, die er an Dschingis-Khan mißt. Am Ende ruft er sie auf, sich auf diese große Tradition zu besinnen. In einer TV- Diskussion über Pressefreiheit hatte er zuvor – „als Privatjournalist“ – die ausländischen Medien als vorbildhaft dargestellt, u. a. die taz: als eine „unabhängige und deswegen kritische Zeitung“. Das war gegen die letzten zwei Regierungszeitungen gerichtet gewesen, die es laut Gesetz ab dem 1.1.99 nicht mehr geben darf. Die dort Beschäftigten hatten demgegenüber natürlich für den Erhalt dieser Staatsorgane plädiert.

Batschagal ist kein Nationalist und empfiehlt z. B., „von Japan zu lernen“. Als marktwirtschaftliche Tugenden preist er (in Ein Tag in der Mongolei): „Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit – auch zwischen Mann und Frau sowie zwischen Erwachsenen und Kindern“. Auf der Jubiläums-„Super-Show“ am 19.12. Im „Top Ten“ wurde er vom Vorsitzenden der freien demokratischen Assoziation mongolischer Journalisten, D. Dashdondow, für seine pionierhafte Zeitungsgründung gelobt. Das Bildungsministerium verlieh ihm gar einen Orden.

In den letzten Wochen sank die Temperatur in Ulan-Bator auf 39 Grad minus. Infolge der russischen Wirtschaftskrise stiegen die Benzinpreise. Der Generalsekretär der mongolischen Jugendorganisation, Zorigtbator, wurde 1. Sekretär der Asiatischen Assoziation in Kuala Lumpur. Die an Madonna orientierte Arunaa, forderte die Top-Sängerin Saraa heraus. Bei einer Razzia in einer chinesischen Bar wurde das erste geheime mongolische Bordell ausgehoben. Dafür eröffnete ein neues deutsches Restaurant mit dem Namen „Kaiser“ in Ulan-Bator. Es wirbt mit dem Slogan: „Sich wohl fühlen wie in Deutschland“. Helmut Höge