Rauch über Ambon

■ Die Unruhen auf den indonesischen Molukken zeitigen wirtschaftliche Folgen

Bangkok (taz) – Die schweren Unruhen auf den indonesischen Molukken-Inseln haben sich gestern erneut entzündet. Muslime und Christen gingen mit Molotowcocktails, Macheten und Speeren aufeinander los. Zwei Menschen starben, Dutzende wurden verwundet. Polizisten und Soldaten feuerten nach Augenzeugenberichten in die Menge. Über der Provinzhauptstadt Ambon standen gestern Rauchwolken.

Was die neuen Krawalle auf der 2.300 Kilometer östlich von Jakarta gelegenen Inseln ausgelöst hat, ist nicht bekannt. Die Stimmung ist so aufgeheizt, daß kleinste Zwischenfälle oder auch Gerüchte reichen, um loszuschlagen.

Armeechef Wiranto, oberster Dienstherr sowohl des Militärs als auch der Polizei, hatte in den letzten Tagen gedroht, seine Leute würden gezielt schießen – „nicht um zu töten, sondern um zu verletzen“. Zudem stationierte er zusätzliche Einheiten auf den Molukken und schickte 19 hohe Offiziere, die speziell für Vermittlung in Konflikten ausgebildet sein sollen.

Viele Ambonesen trauen den Streitkräften nicht, nachdem Beamte in den letzten Wochen mehrfach – offenbar je nach eigener Religionszugehörigkeit – wegschauten, wenn Muslime oder Christen angegriffen wurden. In anderen Fällen sollen Polizisten direkt auf Muslime oder Christen geschossen haben.

Polizeichef Roesmanhadi drohte jetzt, er werde die lokalen Polizeikommandanten feuern, wenn sie den Schießbefehl nicht befolgten.

Seit Ende Januar sind bereits über 200 Menschen auf den Gewürzinseln umgekommen. Rund die Hälfte der Bevölkerung der 400.000-Seelen-Stadt Ambon sind Christen. Rund 85 Prozent aller Indonesier sind Muslime.

In vielen Teilen Indonesiens ist es in den letzten Monaten zu Unruhen gekommen. Ein Grund ist die wirtschaftliche Not. Allerdings hatte die asiatische Krise, die das Land mit seinen 210 Millionen Einwohnern erschüttert, Ambon bislang verschont. Im Gegenteil: Die Bauern und Händler auf den Molukken konnten in den letzten Monaten vom Verfall der indonesischen Währung gegenüber dem Dollar profitieren.

Doch seitdem die Krawalle im Januar begannen, hat sich die Situation drastisch verändert. Die Einwohner ganzer Dörfer sind vertrieben worden, ihre Häuser in Flammen aufgegangen. Geerntete Muskatnüsse bleiben liegen, denn die Fahrer der Lastwagen trauen sich nicht mehr über die von Gruppen bewaffneter Muslime oder Christen gesperrten Straßen. Frachtschiffe meiden den Hafen. Viele Händler sind überdies in den letzen Wochen auf andere Inseln geflüchtet. Die Preise für Lebensmittel steigen rapide.

Am Dienstag hatten sich die Vertreter der muslimischen, katholischen und protestantischen Religionsgemeinschaften zu Friedensgesprächen getroffen. Doch bislang konnten sie wenig ausrichten. Jutta Lietsch