Voscherau duldet keine Kritik

■ Streit um Uni-Flügelbauten eskaliert / Bürgermeister beschimpft Hamburgs Architektenkammer / Dienstag Entscheidung im Senat Von Florian Marten

Unipräsident Lüthje bangt um ein 60-Millionen-Mark-Geschenk, ein Multi-Millionär ist tief beleidigt, der Bürgermeister schäumt, Hamburgs Architektengarde ist empört – kein Wunder, daß die Luft im Senat am kommenden Dienstag noch dicker sein wird als gewöhnlich. Dann nämlich will das Immobilien-Ehepaar Hannelore und Helmut Greve dem Senat sein umstrittenes Geschenk vorstellen: Die beiden Erweiterungsflügel für das traditionsreiche, vor 76 Jahren ebenfalls gespendete Uni-Hauptgebäude an der Edmund Siemers-Allee erfreuen sich allerhöchster Protektion durch den Bürgermeister. Der Ärger kommt aus einer ganz anderen Ecke.

Studenten, Patriotische Gesellschaft, Architektenkammer und ExpertInnen, die seit Jahrzehnten eine Erweiterung des einzig wirklich herzeigbaren Universitätsbaus fordern, protestierten heftig, als Greve und Voscherau die Öffentlichkeit im Frühjahr mit der Skizze eines protzig-häßlichen Zweckbau überraschten. Ein Beitrag von Zeit-Autor Manfred Sack, Hamburgs renommiertester Architektur-Koryphäe, im kürzlich erschienenen Jahrbuch 1995 „Architektur in Hamburg“ führte dann zum Eklat. Sack wendet sich gegen das Verfahren einer Geheimplanung (Auszüge siehe unten), welche „fast zwangsläufig zu einem schlechten Ergebnis führen muß“.

Sacks Text löste eine Kettenreaktion der besonderen Art aus: Das Ehepaar Greve, tiefbeleidigt, beschwerte sich, und Voscherau, ebenfalls stinksauer, weil ihm „kriecherisches“ Verhalten vorgeworfen wurde, ließ, so verlautet aus gewöhnlich gut unterrichteter Quelle, seine Juristen prüfen, ob gegen Sacks Machwerk juristisch vorzugehen sei. Senatssprecher Fritz Klein dementiert dieses „Gerücht, von dem ich auch gehört habe“ heftig. Juristisch passierte dann zwar doch nichts, gleichwohl handelte Voscherau und warf der Architektenkammer in einem ungewöhnlich scharfen Schreiben Böswilligkeit (Auszüge s.u.) vor.

Peter Erler, Chef der Hamburgischen Architektenkammer, reagierte prompt: Er verbat sich Voscheraus verbalen Eingriff und verwies auf die aus „presse-hygienischen Gründen völlig unabhängige Jahrbuch-Redaktion“. Und: „Wir finden es verwunderlich, daß der Senat nicht dem Stifter einen Wettbewerb zur Bedingung gemacht hat.“ Erler sieht im Vorgehen des Senats „eine erstaunliche Geringschätzung“ von Planung und beschwert sich über die beim Senat offenbar übliche „Unterschätzung von Bau-Kunst als Aufgabe für einen respektvollen Umgang mit Historie, Tradition und Lebens-Umwelt von Bürgern und Studenten.“

Eine Antwort Voscheraus steht bis heute aus. Statt dessen wird der Senat am Dienstag Greves Entwurf absegnen, ihn anschließend der Presse vorstellen und erst danach einigen ausgewählten Architekten Gelegenheit zur Diskussion freigeben. Greve selbst scheint entschlossen, sein Geschenk durchzuboxen. Allenfalls ein öffentlicher Aufschrei könnte ihm die Gabe noch vermiesen.

Wissenschaftssenator Leo Hajen telefonierte sich deshalb die Finger wund, um die Architektenzunft zur Zurückhaltung zu bewegen. Wie es scheint, ohne Erfolg. Erler zur taz: „Das kommt nicht in Frage.“