Prediger in eigener Sache

■ Die Swans pendeln zwischen Größenwahn und Destruktion

Oft wirkt Michael Gira so, als habe er einen Hackenschuß und zwar einen richtig dicken. Nicht so ein bißchen Selbstüberschätzung wie du und ich aus der Laune heraus, sondern echten, gut abgehangenen Größenwahn, mit allem was dazu gehört. Me, myself and I tanzen Ringelreihen, und am Ende ist ein neuer Gott geboren. Mit der Diagnose religiöses Irresein liegt man bei Gira vermutlich nicht völlig daneben.

Der Sänger der Swans tut natürlich auch einiges dafür, daß er über-menschlich entrückt erscheint. Veröffentlicht seine Werke bei der eigenen Plattenfirma Young God Records und nennt sein neuestes Album The Great Annihilator (Der große Zerstörer). Auf diesem hat der New Yorker zusammen mit seiner Lebenspartnerin Jarboe seine Art des Verkündens perfektioniert. Wie ein Prediger in eigener Sache deklamiert Gira, Gitarren-Wälle und dröhnendes Schlagwerk tragen seine Botschaft in die Welt hinaus: „I Am The Sun“, doch wenn ich nicht will, leuchtet hier gar nichts. Meist mag der Mann, der mit Vorliebe kräftige Zigarren raucht, nicht. Folglich bleibt es dunkel.

Mit Endzeit-Vorstellungen war der Nostradamus des fatalistischen Egozentrismus jedoch nicht immer per du. Zu Beginn ihrer Karriere, Anfang der Achtziger, hingen die Swans in New York viel mit Leuten wie Thurston Moore (Sonic Youth) und Jim Thirwell (Foetus) ab. Aus dieser Zeit stammt auch die kathartische Komponente in Giras Arbeiten. Früher wälzte er sich zu atonalem Industrial-Krach halbnackt auf der Bühne, um sich selbst zu exorzieren. Es wollte nicht klappen: The devil inside und gleichzeitig Gott. Da kann ja gar nicht gutgehen.

Für seine Tour hat sich Gira den Gitarristen Vudi vom American Music Club ausgeborgt. Auch kein Zufall. Der brillante Instrumentalist ist ebenfalls ein komischer Vogel, der häufig sehr abwesend ist, dann aber urplötzlich schallend lacht. Für gute Unterhaltung ist also gesorgt. cleg morgen, 23 Uhr, Große Freiheit (Cornershop fallen aus!)