■ Wir sind bereit
: Die deutsche Doppelspitze heißt jetzt Gerhard Schröder. Und in Regierung und SPD läuft alles weiter wie bisher. Oder?

Tagesthema Seiten 2 bis 5

Berlin (taz) – Es war kein Tag der offenen Worte, aber einer der schnellen Handlungen. „Ich spüre keine Krise“, versuchte Kanzler Schröder gestern in Bonn zu beruhigen. Doch einen Tag nach dem überraschenden Rücktritt Oskar Lafontaines als Finanzminister und SPD-Parteichef herrschte noch immer Rätselraten über dessen Motiv. Er selbst schweigt. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye behauptete, daß der Rücktritt keine Folge der Spannungen zwischen Lafontaine und dem Kanzler sei: „Mit den Beziehungen zwischen beiden kann das nichts zu tun haben.“ Nichtsdestotrotz versuchte Schröder gestern vergeblich, seinen Parteifreund im Saarland ans Telefon zu bekommen. Dann ließ er sich als SPD-Parteichef nominieren. Er soll auf einem Sonderparteitag am 12.April in Bonn gewählt werden. Neuer Finanzminister wird der noch amtierende hessische Ministerpräsident Hans Eichel.

Die Wirtschaft war begeistert über Lafontaines Rücktritt. „Es ist einer der schönsten Tage meines beruflichen Lebens“, frohlockte Hans Schreiber, Chef des Arbeitgeberverbandes der Versicherungen. Die Unternehmen hoffen auf neue Entlastungen in der Unternehmenssteuerreform, den Gewerkschaften hingegen schwant Übles. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel zum Rücktritt Lafontaines: „Das ist der erste Erfolg des Kapitals.“ BD