Sülldorf vor Flüchtlingen retten

Bürgerinitiative will weitere Nutzung eines Pavillondorfes für 350 Menschen auf einem Acker in der Sülldorfer Feldmark verhindern  ■ Von Elke Spanner

Lange hätte sie Hemmungen gehabt, ihren Unmut zu äußern, sagt Gunda Brunnstein. Denn „man wird immer gleich in eine bestimmte Ecke gestellt, und es heißt, man sei gegen die Asylanten“. Doch nicht ohne Grund heißt ihre Bürgerinitiative „Rettet Sülldorf“, und die sei wild entschlossen, genau das zu tun. Die Initiative will verhindern, daß eine Flüchtlingsunterkunft auf einer Ackerfläche am Sieverstücken weiterhin genutzt wird.

„Wehret den Anfängen“, nennt Brunnstein das. Acht Bauern würden von der Bewirtschaftung der Feldmark leben. Noch kämen viele HamburgerInnen am Wochenende nach Sülldorf, um sich dort zu erholen. Doch statt Natur finden sie am Sieverstücken ein Pavillondorf vor. Die Bürgerinitiative befürchtet nun, daß damit ein Tabu gebrochen wurde – und daß dort, wo heute noch Holzhütten stehen, demnächst Neubaugebiete errichtet werden sollen.

Das sieht zwar der Bebauungsplan nicht vor, und „wir haben auch nicht die Absicht, ihn zu ändern“, versichert Thomas Adrian, Fraktionsvorsitzender der SPD in Sülldorf. Doch vorige Woche stimmte seine Fraktion mit der GAL im Ortsausschuß dem Antrag des Trägers „pflegen & wohnen“ zu, die Fläche für weitere fünf Jahre zu nutzen. Denn das Pavillondorf habe einen hohen Standard, den man erhalten wolle, um Flüchtlinge nicht wieder in „dubiosen Hotels“ unterbringen zu müssen. Rund 350 Menschen aus über 30 Nationen leben am Sieverstücken.

Die AnwohnerInnen fühlen sich „von hinten bis vorne angeschmiert“, sagt Brunnstein. Bei Errichtung der Anlage 1994 sei ihnen versichert worden, daß sie ein Provisorium sei. Winfried Sdun von „pflegen & wohnen“ hält dagegen: „Daß man eine Frist festsetzt, heißt nicht automatisch, daß es nach deren Ablauf zu Ende ist.“ Die Fünfjahresfrist habe man damals „leichtfertig zugesagt“, bedauert er heute. Im Nachhinein habe sich das als Fehler herausgestellt.

Doch so leichtfertig war das damals nicht. Vielmehr blieb dem Träger keine andere Wahl, wollte er die Fläche zuerkannt bekommen. Denn wie fast überall in Hamburg wehrten sich auch in Sülldorf die AnwohnerInnen gegen Flüchtlingsunterkünfte. Um sie zu beschwichtigen, versprach „pflegen & wohnen“ ihnen hier wie dort, nur Provisorien zu errichten. Die Taktik erweist sich nun als Eigentor. Schon bei der Weiternutzung einer Unterkunft am Hemmingstedter Weg in Groß Flottbek und am Eichengrund in Blankenese waren die AnwohnerInnen gerade mit dem Argument des „Wortbruches“ auf die Barrikaden gegangen.

Doch während in Flottbek und Blankenese die Diskussion von rassistischen Ressentiments durchzogen war, betont die Initiative „Rettet Sülldorf“, daß die AnwohnerInnen hervorragend mit den Flüchtlingen auskämen. In ihrem Protest unterstützt wird „Rettet Sülldorf“ von der örtlichen CDU. Auch deren Vorsitzende Marlies Wordtmann betont, es gehe allein um den Wortbruch und nicht etwa darum, daß Flüchtlinge in den Unterkünften wohnen. Wenn sie es auch „komisch findet, daß dort jetzt auch Roma und Sinti leben“. Denn „ich dachte immer, die sind ein fahrendes Volk“.