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Ein wahrer Gottesbeweis

■ Werder-Stürmer schafft das 1:0 für Wolfsburg/Irgendwie kam irgendeiner aus dem Irgendwo / Für den SV Werder Bremen wird die Liga-Luft jetzt langsam ziemlich dünn

Werder-Spieler Christoph Dabrowski war's peinlich, seinem Kollegen Dirk Weetendorf erst recht. Wie war das beim 0:1? Irgendwie aus dem Irgendwo kam da irgendeiner von den anderen, und dann war's halt passiert. Irgendwie, irgendwer, irgendwo – und das so kurz vor Ultimo.

Die passende Szene im Weserstadion könnte glatt als Gottesbeweis durchgehen. Als Fußball-Gottesbeweis. ER ist eben doch ein Gerechter. Am Mittwoch schenkte der Herr den Bremern den glücklichen Sieg, am Samstag war's dann andersrum. Werder - Wolfsburg: 0:1.

Am Mittwoch lief der Wolfsburger Dammeier sieben Minuten vor Schluß zum Elfmeter an, am Samstag durfte eben dieser Dammeier in eben jener Spielminute eine Ecke treten. Am Mittwoch hielt der Bremer Keeper Rost den Penalty fest, am Samstag der Bremer Spieler Weetendorf einen vermeindlichen Wolfsburger, der sich dann dummerweise als sein Mannschaftskollege Dabrowski entpuppte, woraufhin der Dabrowski-Gegenspieler Krzysztof Nowak unbedrängt den Kopf für den Sieg der Seinen hinhalten konnte. Was die Fans nicht sehen konnten, die Fernsehbilder brachten es an den Tag. Bei so viel Gerechtlichkeit kommt der härteste Atheist ins Grübeln.

Dumm gelaufen für Werder. Die Wolfsburger haben ihre HalbfinalRevanche für die Blamage vom Mittwoch geschafft und können sich berechtigte Hoffnungen aufs internationale Geschäft machen. Das haben die Bremer zwar erreicht, dafür müssen sie in der Liga aber angstvoll nach unten schielen. Platz 11, schlappe sieben Pünktchen sind sie gerade noch von den Abstiegsrängen entfernt. Für Werder wird die Liga-Luft langsam dünn.

Der Kick gegen die Wolfsburger war geradezu symptomatisch für Werder '99. Vor dem Jahreswechsel hatte sich die Mannschaft aus dem Tabellen-Keller in die Nähe der UEFA-Cup-Ränge gerackert und gekämpft. Nach der Winterpause hat die Magath-Combo ihr spielerisches Potential wiederentdeckt, dafür geht's in der Liga wieder abwärts. Gerade mal zwei Punkte haben die Bremer in den letzten vier Spielen eingefahren. Und jetzt geht's zu den Bayern.

Nach einer englischen Woche habe der Mannschaft die körperliche Frische gefehlt, meinte Magath am Samstag entschuldigend. Bloß: Daran allein kann's nicht liegen. Selbst ohne ihre spielerische Herz-Lungen-Maschine Herzog-Eilts fingen die Bremer zahlreiche Wolfsburger Vorwärtsbemühungen ab und kombinierten sich ganz flott in Richtung gegnerisches Tor. Nur bekamen sie dort trotz bester Chancen das Spielgerät partout nicht unter. Magath hatte mit Bode, Ailton und Bogdanovic drei Spitzen aufgeboten, dahinter stieß Maximov immer wieder gefährlich in den Strafraum vor. Doch selbst wenn einer der Herren frei vor Keeper Reitmaier auftauchte, hoppelte der Ball entweder in des Torhüters Arme oder daneben. Wolfburgs Trainer Wolf hatte zwar hernach ein deutliches Übergewicht seiner Mannen ausgemacht, doch letztlich hatten die Bremer nach 90 Minuten doppelt soviele klare Chancen auf ihrem Konto als die Gäste.

Bogdanovic wich lieber auf die Flügel aus und machte den Platz im Zentrum für Ailton frei, dem es seinerzeit aber arg an Durchsetzungsvermögen mangelte. Dirk Weetendorf, am Samstag eingewechselt, kam überhaupt nicht erst ins Spiel. Und Marco Bodo kann man nur raten, er möge sich doch bittschön langsam für seinen kommenden Arbeitgeber entscheiden. Je länger die Dauerbefragung Bodes nach Hertha oder Leeds oder Bayern oder gar dem VfB Stuttgart dauert, desto weiter scheint er sich von seiner Topform zu entfernen.

Kurzum, Werder hat zuvörderst ein Stürmer-Problem. Oder andersrum: Die Werder-Stürmer haben ein Problem. Reichlich Arbeit für Felix Magath. Und den Bremer Fans bleibt das Beten. Weil es IHN doch gibt. Wie wir am Samstag gelernt haben. Jochen Grabler

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