Fachtag „Jede Menge Arbeit“
: ABM im Betrieb

■ „Job-Rotation“ setzt Arbeit frei: Ein Bremer Pilotprojekt stellte sich vor

Wenn MitarbeiterInnen einer Firma zum Weiterbildungskurs abdampfen, fällt jede Menge Arbeit an. Wer soll diese zusätzlichen Aufgaben übernehmen? Diese Frage beantwortet in Bremen das neue Pilotprojekt „Job-Rotation“. Ein Modell, „bei dem alle gewinnen“, sagt Projektbetreuer Beenhard Oldigs vom Arbeitslosenzentrum Bremen. Er stellte das Konzept jetzt auf der Bremer Fachtagung „Jede Menge Arbeit“ (siehe links) als löbliche Zusammenarbeit zwischen den Bremer Beschäftigungsträgern mit der freien Wirtschaft vor.

Im Bremer Unternehmen „Elektrotechnik Nießmann“ sind bereits zwei ABM-Kräfte als Stellvertreter für Stamm-MitarbeiterInnen eingesprungen. Geht ein Angestellter auf Fort- oder Weiterbildung, kommt die ABM-Kraft einige Wochen vorher zum Einarbeiten. Diese „JobRotation“ kostet den Unternehmer keinen Pfennig: Die Lohnkosten kommen als sogenannte ABM-Mittel von der Bundesanstalt für Arbeit.

Sich in der Praxis bewähren und Kontakt zu Betrieben finden – das ist laut Oldigs vom Arbeitslosenzentrum die angestrebte Wirkung für die ABM-Beschäftigten. Er hofft, „daß meine Leute dort auch kleben bleiben“. Aber erstmal nehmen die ABM-Kräfte reine Stellvertreter-Aufgaben war: Eine „ätsch-leider-ausgeschieden-Situation“ für den wegen Bildung abwesenden Mitarbeiter soll nicht entstehen.

Erst wenn der weitergebildete Mitarbeiter im Unternehmen eine Stufe in der Karriereleiter höher klettert, kann die bisherige ABM-Kraft im Betrieb verbleiben: „Sieben Leute sind schon vermittelt“, berichtet Oldigs und ist stolz auf die hohe Quote. Denn angefangen hat das Bremer Pilotprojekt im Oktober mit 15 Leuten. Alle Teilnehmer sind gelernte Facharbeiter aus der Metallverarbeitung und vom „Rotieren“ so überzeugt, daß sie in Kauf nehmen, den wesentlich niedrigeren ABM-Lohn ausgezahlt zu bekommen.

Firmenchef Thomas Nießmann sieht den unternehmerischen Vorteil: In seiner Elektrotechnik-Firma wurde ein Mitarbeiter für sechs Wochen eingesetzt. In dieser Zeit konnte er seinem Angestellten eine Weiterbildung erlauben – „um weiterhin zeitgerecht auf dem Markt zu agieren“, erklärt der Chef die Vorzüge von Qualifizierung.

So durchweg positiv sehen nicht alle Unternehmen das Projekt „Job-Rotation“: Die Freude auf der Bremer Fachtagung unter den extra eingeladenen Mittelständlern war eher verhalten: Durch staatlich bezahlte ABM-Kräfte, die beim Konkurrenten „kostenlos“ arbeiten, fürchten die Firmenchefs Wettbewerbsnachteile für die eigene Firma. Für die durchscheinenden Vorurteile gegenüber ABM-Kräften hatte der Direktor des Bremerhavener Arbeitsamtes, Bernd Gerke, aber „keinerlei Verständnis“: Schließlich könne „jeder Betrieb die Angst vor subventionierter Konkurrenz vermeiden und selber ABM-Kräfte einstellen“, betonte er vor den Anwesenden: „Wir vom Arbeitsamt subventionieren das.“

Ulrike Löw