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: Al servicio de la mujer Española

„Todesengel“, Samstag, 20.15 Uhr, ZDF

In Leon Steins Adern pulsiert iberisches Blut. Seines unbeugsamen Auftretens wegen wird der Strafverteidiger unter Juristenkollegen „der Spanier“ genannt. Darum muß Ulrich Mühe einen verwegenen Kinnbart tragen, was immerhin Verwechslungen mit seiner ZDF-Serie „Der letzte Zeuge“ ausschließt.

Leon Steins 17jährige Tochter wird von vier Sportkameraden zunächst bedrängt, dann vergewaltigt. Auf eine Einigung unter Caballeros läßt Stein sich nicht ein; die jugendlichen Täter aber haben alle Strafminderungsgründe auf ihrer Seite und kommen glimpflich davon. Nach einem gescheiterten Suizidversuch Lauras ist die Hispanisierung der Geschichte nicht mehr aufzuhalten. Leon philosophiert über Stierkampf, quartiert sich im symbolschwer benamten Gasthof „Zum gefallenen Engel“ ein und macht sich daran, die Ehre seiner Tochter stramm zu rächen.

Der von Regine Kühn geschriebene und von Manfred Stark inszenierte Film bekam als Untertitel „Psychokrimi um ein Sexualverbrechen“ mit auf den Weg. Das ist etwas hochgegriffen. Zwar schildert der Film überzeugend die Wirkungen der Vergewaltigung auf die Psyche der jungen Frau und hat überhaupt seine stärksten Momente zu Beginn, wenn er geduldig entwickelt, wie adrette Burschen aus gutem Haus zu Verbrechern werden und nach der Tat auf Schonung hoffen können.

Dann jedoch wird die Erzählung sprunghaft. Nach dem Tod des ersten Vergewaltigers streut man noch Zweifel über den Tathergang, um Zuschauers Spannung zu erhalten. Im nächsten Moment aber steht Stein zweifelsfrei als Täter da. Der Betrachter könnte jetzt um die potentiellen Opfer bangen, aber die Empathie hält sich in Grenzen, nachdem man gesehen hat, wozu diese Saubermänner fähig sind.

Bleibt also Laura, die dem Sanatorium entflieht, ihre Peiniger zu warnen. Von einigen Wutausbrüchen abgesehen, ist dann nichts mehr mit psychologischer Grundierung. Auch kippt die Angelegenheit mit Karacho ins Lächerliche, wenn Laura auf Geheiß des Vaters traditionelle Garderobe anlegen muß, spanische Gitarren lärmen und Tante Bernarda zaghaft ein paar Flamenco-Tritte wagt.

Klar, daß sich Stein am Ende stolz wie ein Spanier die Kugel gibt. Ein Knall, und die Geschichte ist tot. Caramba aber auch. Harald Keller