Schröder soll rot-grünen Kurs halten

■ Der „Frankfurter Kreis“ warnt vor einem „neoliberalen Irrweg“

Der Rücktritt von Oskar Lafontaine hat die Linke in der SPD getroffen „wie ein Blitz aus heiterem Himmel“. Und so rätselte der „Frankfurter Kreis“ bei seinem Treffen am Wochenende in Berlin darüber, wie es zu diesem Schritt habe kommen können.

Klarer war der Kreis in der Einschätzung, welche Konsequenzen er für die SPD hat. Der Sprecher des „Frankfurter Kreises“, Detlev von Larcher, ist sich sicher, daß dieser Schritt Lafontaines das Ergebnis einer „laufenden Demontage seiner Person durch gezielte Indiskretionen“ gewesen sei. Noch am Mittwoch abend habe man mit Lafontaine fröhlich zusammengesessen und Pläne für die weitere Arbeit der Partei gemacht. Es sei ein sehr konstruktiver Abend gewesen, der lediglich unterbrochen wurde durch ein Telefonat mit dem Kanzleramt. Die Zeitung Die Welt würde am darauffolgenden Tag von der Kabinettssitzung berichten. Auch danach soll Lafontaines Mine nichts von einer etwaigen Verärgerung verraten haben.

Doch nun weiß der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Michael Müller, daß sich da „über Monate was aufgestaut hat“ und es nur eines Zündholzes bedurfte, damit es explodiert. Lafontaine sei, so liest man nun in einer Erklärung des „Frankfurter Kreises“, Zielscheibe massiver Kritik gewesen, „weil er gegen den neoliberalen Irrweg der ausschließlich angebotsorientierten Politik auch die Nachfrageseite in die wirtschafts- und finanzpolitische Konzeption eingebracht“ habe.

Die Juso-Vorsitzende Andrea Nahles läßt kaum Zweifel an ihrer Befürchtung, daß auch die SPD gegen derlei Irrwege nicht gefeit sein könnte. Es habe in den letzten Jahren zwei Strömungen gegeben. Die eine habe versucht, das neoliberale Projekt zurückzudrängen, die andere habe auf dem „Dritten Weg“ in Kooperation mit der Wirtschaft Lösungen gesucht.

Für letzteres steht, das braucht Nahles nicht extra zu betonen, Gerhard Schröder. Nahles geht jetzt wie der gesamte „Frankfurter Kreis“ davon aus, daß er am 12. April zum neuen Parteivorsitzenden gewählt wird, erwartet aber von ihm „deutliche Signale der Integration“. Es dürfe kein Richtungswechsel erfolgen. Denn das, so steht es in der Erklärung des Kreises, „würde erhebliche innerparteiliche Konflikte zur Folge haben und auf Dauer die Regierungsfähigkeit der SPD in Frage stellen“. Der Politikwechsel, der mit dem 27. September eingeleitet wurde, müsse unbeirrt fortgeführt werden. Die ökologische Steuerreform, die gerechte Gestaltung des Steuer- und Abgabensystems sowie der energiepolitische Strukturwandel müßten konsequent fortgeführt werden.

Von Larcher sagte, er verlasse sich auf die Worte Schröders, daß er Rot-Grün zum Erfolg führen werde. Ein Wechsel des Koalitionspartners würde nach Ansicht Nahles zu einer „Zerreißprobe“ führen. Die Juso-Vorsitzende verhehlte allerdings nicht, daß ihr „das Vertrauen fehlt“. Sie hält denn auch die Übernahme des Parteivorsitzes durch Schröder nur „kurzfristig“ für richtig, mittelfristig würde es Rollenprobleme geben, und man müsse überlegen, eine neue Doppelspitze aufzubauen. Ein Name fiel ihr jedoch nicht ein. Der frühere Bundestagsabgeordnete Eckard Kuhlwein gab der Parteilinken denn auch den Rat, auf die eigene Kraft zu bauen. Denn mit Schröder sei es nie ganz leicht gewesen. Dieter Rulff, Berlin