Ohne Frauen allein zu Haus

■ Das Bett verrät den Charakter: Eine Fotoausstellung in der Rangsdorfer Galerie Kunstflügel zeigt Männer in ihren Schlafzimmern

Schon mal was von Rangsdorf gehört? Hier lernte einst Beate Uhse das Fliegen, und die Ufa drehte mit Heinz Rühmann die Quax-Filme. Doch das ist lange her, heute ist Rangsdorf ein verträumtes kleines Städtchen, gleich hinter dem Flughafen Schönefeld. Seit einem Jahr gibt es hier die Galerie Kunstflügel, und sie allein lohnt den Ausflug ins Brandenburgische.

Daß man zwischen Asia-Imbiß und Kirche überhaupt Kunst gucken kann, verdanken die Rangsdorfer den Frauen. Vor fünf Jahren gründeten sie hier die Brandenburger Gedok, die Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfreunde e.V. 70 Damen kümmern sich hier nicht ganz uneigennützig darum, die künstlerische Tätigkeit von Frauen zu fördern. Bei so viel Weiblichkeit mußten allerdings mal Männer her, „ohne die geht's schließlich nicht“, sagt Galeristin Gerlinde Förster.

Und was für Männer: Da ist Helmut H., 57 Jahre, geschiedener Kaufmann, der es sich im Bett bequem macht, einem Himmelbett – ein Traum aus strahlend weißem Tüll. Vielleicht trägt Helmut deshalb Sonnenbrille. Aber warum hat er keine Hosen, aber einen Pullover an? Der Titel der Ausstellung weist den Weg: „Männer, Männer... Hey, Schnecke, wann sind die Bilder fertig?“

Verführerische Posen gerade der Älteren

Susanne Müller fotografierte Männer verschiedenen Alters in ihren Schlafzimmern, auf, vor oder im Bett. Die Potsdamerin hatte eine einzige Bedingung: Alleinstehend sollten die Herren sein, alles andere war den Porträtierten überlassen.

Nicht die Fotografin inszenierte, die Protagonisten setzten sich mal mehr, mal weniger selbst in Szene. So ist eine Serie herausgekommen, die einer sozialen Studie gleichkommt. Zeige mir, wie du dich bettest, und ich sage dir, wie du (vielleicht) bist. Heiteres Statusraten, Pierre Bourdieu hätte seine Freude an den 25 schwarzweißen Arbeiten. Lauter alleinlebende Männer also. Die Jüngeren durch die Bank ledig, die Älteren in der Regel geschieden und getrennt von der Frau lebend. Gerade die Älteren zeigen oft verführerische Posen. Wer weiß, wann sie zuletzt eine Frau in ihrem Schlafzimmer sahen. Oder einen Mann. Es gehört zum Spiel, zu spekulieren: Wer ist schwul, wer hetero, wer gar nichts? Ob der eine Typ da überhaupt noch Sex hat?

Das Schlafzimmer, kaum ein Ort könnte intimer sein: Da ist die Kategorie der Normalos. Das Interieur sieht aus wie von Möbel Hübner. Hans G. (43) sitzt auf seinem Bett, die Tagesdecke mit Blumenmuster. Scheußlich, aber halt authentisch. Er trägt Jeans und kariertes Hemd. So sieht der einstige EDV-Facharbeiter, der heute als Pförtner arbeitet, bestimmt immer aus.

Wie sieht ein schwules Schlafzimmer aus?

Ähnlich dürfte das auch bei ThomasW., 34, sein. Der Journalist schläft karg möbliert, der Futon am Boden. Darauf liegt er, ganz in Schwarz gekleidet. Andere verraten mehr von sich und ihren Hobbys oder Berufen: Schauspieler StefanE. (31) hat einen japanischen Fächer über seine Liege mit den zwei Matratzen drapiert. Architekt RolfF., 46, hat sein Zimmer mit allerhand architektonischem Schnickschnack überfrachtet. Bei Verlegern stapeln sich Bücher neben dem Bett. Bei vielen Älteren sieht es aber einfach nur wie bei Vatern zu Hause aus.

Allein Peter K., ein 58jähriger Szenenbildner, setzt sich und damit seine sexuellen Vorlieben ins Bild. In Schale geschmissen, sitzt er als Frau im knappen Schwarzen da. Dabei dürften einige der Porträtierten alles andere als heterosexuell sein. Nur, wie sieht ein schwules Schlafzimmer aus? Für die Serie reiste Susanne Müller durch Europa, fotografierte von Dänemark bis Spanien. Das Himmelbettbild stammt übrigens aus Österreich. Aber die Herkunft sieht man keinem der Bilder an. Dafür das Gespür der 45jährigen Müller für menschliche Nähe, für das breite Spektrum psychischer wie sozialer Zustandsbeschreibungen des Alleinseins. Ganz ohne Weichzeichner, ohne Zeitgeist-Schnickschnack.

Klaus-Dieter A., 59, war mal Maurer und Europameister im Boxen. Genützt hat das nicht viel. Der Obdachlose zeigt sein Schlafzimmer unter freiem Himmel. Sein Bett: die Parkbank. Ganz ordentlich hat er sich zum Schlafen die Schuhe ausgezogen. Andreas Hergeth

Bis Ende April, Di.–Fr. 10–18, So. 11–18 Uhr, Galerie Kunstflügel, Rangsdorf, Seebadallee 50